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  • Mehr Nachhaltigkeit in Rechenzentren: Leitfaden und Praxistipps

Mehr Nachhaltigkeit in Rechenzentren: Leitfaden und Praxistipps für Entscheider

Von |2025-06-25T13:16:54+00:0025.6.2025|

Rechenzentren bilden die Grundlage für Cloud Computing, das Internet der Dinge (IoT) und datenintensive Anwendungen wie künstliche Intelligenz (KI). Die steigende Nachfrage führt zu einem explosionsartigen Wachstum des Sektors. Prognosen deuten darauf hin, dass allein in den USA der Energiebedarf von Rechenzentren von 17 Gigawatt (GW) im Jahr 2022 auf über 35 GW bis 2030 ansteigen wird. Global könnte der Stromverbrauch von fast 500 Terawattstunden (TWh) im Jahr 2022 auf über 800 TWh im Jahr 2026 klettern, maßgeblich angetrieben durch KI-Anwendungen.

Diese Entwicklung vollzieht sich in einem Umfeld, das von zunehmenden ökologischen und regulatorischen Herausforderungen geprägt ist. Die globalen Klimaziele, wie sie im Pariser Abkommen zur Begrenzung der Erderwärmung festgelegt wurden, erfordern eine drastische Reduktion der Treibhausgasemissionen in allen Sektoren.

Rechenzentren als einer der am schnellsten wachsenden Energieverbraucher rücken damit unweigerlich in den Fokus von Politik, Regulierungsbehörden und einer zunehmend kritischen Öffentlichkeit.

Es geht längst nicht mehr nur um ein „grünes“ Image. Vielmehr ist Nachhaltigkeit ein entscheidender Faktor für das Risikomanagement, die Kosteneffizienz und die langfristige Wettbewerbsfähigkeit. Unternehmen sehen sich mit neuen, strengen Compliance-Vorgaben wie der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und der Energieeffizienzrichtlinie (EED) der Europäischen Union konfrontiert, die eine transparente Berichterstattung über den ökologischen Fußabdruck erzwingen.

Gleichzeitig wird die Verfügbarkeit von grüner Energie und Wasser zu einem kritischen Engpassfaktor, der die „License to Operate“ an bestimmten Standorten direkt in Frage stellt, wie die Entwicklungen im US-Bundesstaat Virginia eindrücklich zeigen. Eine proaktive Nachhaltigkeitsstrategie ist somit keine Option mehr, sondern eine Voraussetzung für zukünftiges Wachstum und die Sicherung der Geschäftskontinuität.

Der unsichtbare Rucksack: Emissionen über den gesamten Hardware-Lebenszyklus verstehen

Um die Nachhaltigkeit eines Rechenzentrums wirksam zu steuern, ist eine Verschiebung der Perspektive notwendig. Der traditionelle Fokus auf die reine Betriebseffizienz, oft gemessen durch die Power Usage Effectiveness (PUE), greift zu kurz. Er vernachlässigt einen wesentlichen Teil des ökologischen Fußabdrucks, der lange vor der Inbetriebnahme der Hardware entsteht und weit nach deren Abschaltung andauert. Eine ganzheitliche Betrachtung im Rahmen einer Lebenszyklusanalyse (Life-Cycle-Assessment, LCA) ist unerlässlich, um die wahren Umweltauswirkungen zu verstehen und die richtigen strategischen Entscheidungen zu treffen.

Der Hardware-Lebenszyklus lässt sich aus Sicht eines Unternehmens wie folgt darstellen. Es gibt diese Phasen:

  • Vor der Nutzung: Beratung, Beschaffung, Miete & Leasing
  • In der Nutzung mit Wartung, Setup und End of Life
  • Nach der Nutzung mit Verkauf, Recycling oder Entsorgung

In allen Phasen des Hardware Lifecycles können Entscheidungen getroffen werden, die sich positiv auf die Nachhaltigkeit der Hardware auswirken.

Hardware Lifecycle

„Embodied Carbon“: Die CO2-Last aus Rohstoffgewinnung und Fertigung

Der größte blinde Fleck in der traditionellen Nachhaltigkeitsbetrachtung sind die sogenannten „grauen Emissionen“ oder „Embodied Carbon“. Dieser Begriff beschreibt die Summe aller Treibhausgasemissionen, die bei der Herstellung eines Produkts anfallen, bevor es überhaupt den Nutzer erreicht. Bei IT-Hardware wie Servern, Speichersystemen und Netzwerkkomponenten ist dieser „Rucksack“ besonders schwer. Der Prozess beginnt mit der energieintensiven Gewinnung und Raffination von Rohstoffen, darunter kritische Materialien wie seltene Erden (z.B. Lanthan, Cer), die für moderne Elektronik unerlässlich sind. Darauf folgen komplexe, globale Lieferketten für die Herstellung einzelner Komponenten; von Mikrochips über Leiterplatten bis hin zu Gehäusen. Jeder dieser Schritte verbraucht erhebliche Mengen an Energie und Wasser und erzeugt Emissionen. Die Endmontage der Geräte in spezialisierten Fabriken trägt ebenfalls zur CO2-Last bei. Die genaue Quantifizierung dieser Emissionen ist aufgrund der hochgradig arbeitsteiligen und oft intransparenten Wertschöpfungsketten eine Herausforderung, doch Studien zeigen, dass Embodied Carbon einen signifikanten, manchmal sogar mit der Nutzungsphase vergleichbaren Anteil am gesamten CO2-Fußabdruck eines Geräts ausmachen kann.

Von der Fabrik ins Rack: Die Logistikkette als Emissionsfaktor

Nach der Fertigstellung der Hardware beginnt die nächste Phase des Lebenszyklus: der Transport. Die Hardware wird oft über weite Strecken per Luft-, See- und Landfracht vom Produktionsstandort zu Distributionszentren und schließlich zum Rechenzentrum des Endkunden transportiert. Jede dieser Transportetappen verursacht CO2-Emissionen, die zu den Scope-3-Emissionen eines Unternehmens zählen – also jenen indirekten Emissionen, die in der vor- und nachgelagerten Lieferkette entstehen. Auch wenn dieser Posten im Vergleich zur Herstellung geringer ausfallen mag, ist er ein relevanter und oft unterschätzter Bestandteil des gesamten ökologischen Fußabdrucks.

Die Nutzungsphase: Mehr als nur der Stromverbrauch

Die Nutzungs- oder Betriebsphase steht traditionell im Fokus der Optimierungsbemühungen. Die Emissionen lassen sich in zwei Hauptkategorien unterteilen: Zum einen gibt es die indirekten Emissionen aus dem eingekauften Strom (Scope 2), der für den Betrieb der IT-Hardware selbst benötigt wird. Zum anderen fallen Emissionen durch den Betrieb der unterstützenden Infrastruktur an. Dazu gehört vor allem die Kühlung, die bis zu 40 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs eines Rechenzentrums ausmachen kann, aber auch Beleuchtung, unterbrechungsfreie Stromversorgungen (USV) und andere Systeme. Die entscheidende Erkenntnis ist hier, dass die alleinige Optimierung des Energieverbrauchs in der Nutzungsphase, beispielsweise durch den Kauf neuer, geringfügig effizienterer Hardware, aus einer Gesamtperspektive kontraproduktiv sein kann. Wenn die CO2-Last der Neuproduktion die operativen Einsparungen über die Lebensdauer des Geräts übersteigt, verschlechtert sich die Gesamtbilanz.

End-of-Life: Die Weichenstellung für eine zweite Chance

Am Ende der Nutzungsdauer steht eine kritische Weichenstellung. Die schlechteste Option ist die unsachgemäße Entsorgung oder Deponierung, die zu Elektroschrott und Umweltverschmutzung führt. Ein besseres, aber immer noch verlustbehaftetes Szenario ist das Recycling, bei dem wertvolle Rohstoffe zurückgewonnen werden.

Der ökologisch und ökonomisch sinnvollste Weg ist die Kreislaufwirtschaft: die Wiederverwendung (Reuse) und die professionelle Aufarbeitung (Refurbishment) von Geräten. Durch die Verlängerung der Lebensdauer von Hardware wird der Bedarf an ressourcenintensiver Neuproduktion direkt reduziert. Hier spielen zertifizierte IT Asset Disposition (ITAD) Partner eine entscheidende Rolle. Sie stellen nicht nur die sichere Datenlöschung sicher, sondern führen die Geräte auch einem zweiten Leben zu oder garantieren ein umweltgerechtes Recycling der nicht mehr nutzbaren Komponenten. Diese End-of-Life-Strategie hat somit direkte Auswirkungen auf die Reduzierung des Embodied Carbon in der gesamten IT-Branche.

Transparenz als Fundament: Messen, Analysieren und Berichten

Für Rechenzentren hat sich eine Reihe von standardisierten Kennzahlen (Key Performance Indicators, KPIs) etabliert, die über die reine Energieeffizienz hinausgehen und ein umfassenderes Bild der Nachhaltigkeitsleistung zeichnen.

Um die verschiedenen Aspekte der Nachhaltigkeit zu erfassen, wurden mehrere Metriken entwickelt, die heute international anerkannt und teilweise in ISO-Normen standardisiert sind. Die wichtigsten davon sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst.

Tabelle 1: Vergleich der wichtigsten Nachhaltigkeits-KPIs für Rechenzentren

KPI Name ISO Standard Was es misst Idealer Wert Wichtige Einschränkungen/Kontext
Power Usage Effectiveness (PUE) ISO/IEC 30134-2 Die Effizienz der Infrastruktur (Kühlung, Stromverteilung etc.) im Verhältnis zur produktiven IT-Last 1.0 Misst nicht die Effizienz der IT-Hardware selbst. Ist stark vom Klima und der Auslastung abhängig und daher nur bedingt für Vergleiche zwischen verschiedenen Standorten geeignet.
Carbon Usage Effectiveness (CUE) ISO/IEC 30134-8 Die Kohlenstoffintensität des Rechenzentrumsbetriebs. Verbindet den Energieverbrauch mit der Art der Energiequelle (erneuerbar vs. fossil) 0.0 Hängt stark vom lokalen Energiemix ab. Ein guter PUE-Wert kann bei Nutzung von Kohlestrom zu einem schlechten CUE-Wert führen.
Water Usage Effectiveness (WUE) ISO/IEC 30134-9 Die Effizienz des Wasserverbrauchs, insbesondere für Kühlsysteme. Gemessen in Litern pro Kilowattstunde (L/kWh) 0.0 Besonders relevant in wasserarmen Regionen. Die Art des Kühlsystems (z.B. Verdunstungskühlung vs. geschlossener Kreislauf) hat einen massiven Einfluss
Energy Reuse Factor (ERF) ISO/IEC 30134-6 Den Anteil der Energie, der als Abwärme sinnvoll wiederverwendet wird (z.B. für Fernwärme oder benachbarte Gebäude) 1.0 Gewinnt durch neue EU-Vorgaben zur Abwärmenutzung stark an Bedeutung. Die Realisierbarkeit hängt von der Nähe zu potenziellen Wärmeabnehmern ab.

 

Die Power Usage Effectiveness (PUE) ist die bekannteste und am weitesten verbreitete Kennzahl. Sie wurde 2007 von The Green Grid entwickelt und ist heute in der Norm ISO/IEC 30134-2 standardisiert. Ein Wert von 1,0 würde bedeuten, dass die gesamte Energie ausschließlich von der IT-Hardware verbraucht wird, was in der Praxis unerreichbar ist. Der Durchschnittswert lag laut dem Uptime Institute im Jahr 2020 bei 1,58. Obwohl PUE ein nützliches Werkzeug zur Verfolgung der Effizienzverbesserungen eines einzelnen Rechenzentrums im Zeitverlauf ist, sind Vergleiche zwischen verschiedenen Standorten mit Vorsicht zu genießen. Faktoren wie das lokale Klima, die Auslastung und unterschiedliche Messmethoden können die Ergebnisse stark verzerren.

Die Carbon Usage Effectiveness (CUE) und die Water Usage Effectiveness (WUE) erweitern die Perspektive entscheidend. CUE (ISO/IEC 30134-8) berücksichtigt die Herkunft der Energie und macht damit den Unterschied zwischen einem mit Kohlestrom und einem mit Windkraft betriebenen Rechenzentrum sichtbar. WUE (ISO/IEC 30134-9) rückt den Wasserverbrauch in den Fokus, eine Ressource, die in vielen Regionen der Welt zunehmend knapper wird. Der Energy Reuse Factor (ERF) (ISO/IEC 30134-6) quantifiziert schließlich den Grad der Kreislaufwirtschaft im Energiebereich, indem er die Abwärmenutzung messbar macht. Die gemeinsame Betrachtung dieser Metriken liefert ein weitaus aussagekräftigeres Bild der Nachhaltigkeitsleistung als der PUE-Wert allein.

Aufbau eines Monitoring-Frameworks: Von der Sensorik zum ESG-Reporting

Um diese KPIs zuverlässig zu erheben, ist ein robustes Monitoring-Framework unerlässlich. Das beginnt bei der physischen Ebene mit der Installation von präziser Sensorik an allen relevanten Messpunkten wie den Hauptstromzählern, den Stromverteilungseinheiten (PDUs) in den Racks und den Zählern der Wasserkreisläufe. Diese Rohdaten werden in einem Data Center Infrastructure Management (DCIM) System zentral gesammelt, verarbeitet und visualisiert. Ein solches System ermöglicht nicht nur die Berechnung der KPIs in Echtzeit, sondern auch die Identifizierung von Ineffizienzen und Optimierungspotenzialen.

Die so gewonnenen Daten sind nicht nur für die interne Steuerung von entscheidender Bedeutung. Sie bilden auch die Grundlage für das externe Reporting im Rahmen von Umwelt-, Sozial- und Governance-Anforderungen (ESG). Insbesondere die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) der EU, die seit Januar 2023 in Kraft ist, verpflichtet eine wachsende Zahl von Unternehmen zu einer detaillierten Offenlegung ihrer Nachhaltigkeitsleistung, einschließlich der Scope-1-, Scope-2- und Scope-3-Emissionen. Ein funktionierendes DCIM-System ist somit eine strategische Notwendigkeit, um Compliance sicherzustellen und den Berichtspflichten nachzukommen.

Etablierung von Life-Cycle-Assessments (LCA) für IT-Hardware

Während die genannten KPIs primär die Betriebsphase abdecken, erfordert eine wirklich ganzheitliche Nachhaltigkeitsstrategie die Berücksichtigung des gesamten Lebenszyklus. Hier kommt die Etablierung von Life-Cycle-Assessments (LCA) für IT-Hardware ins Spiel. Bei einer LCA wird der ökologische Fußabdruck eines Produkts vom Anfang bis zum Ende analysiert – also von der Rohstoffgewinnung über die Produktion und Nutzung bis hin zur Entsorgung. Die Durchführung vollständiger LCAs ist komplex, aber sie ist das einzige Werkzeug, um den Embodied Carbon von Hardware sichtbar zu machen. Unternehmen sollten beginnen, von ihren Hardware-Lieferanten entsprechende Daten (z.B. in Form von Environmental Product Declarations, EPDs) einzufordern und diese als Kriterium in ihre Beschaffungsprozesse zu integrieren. Das ermöglicht fundierte Entscheidungen, die nicht nur die Betriebskosten (TCO), sondern auch die gesamten ökologischen Kosten (Total Cost of Ownership vs. Environmental Cost of Ownership) berücksichtigen.

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Operative Exzellenz: Energieeffizienz in bestehenden und neuen Rechenzentren steigern

Die Steigerung der Energieeffizienz im laufenden Betrieb bleibt ein zentraler Hebel zur Reduzierung des ökologischen Fußabdrucks und der Betriebskosten. Die Optimierungspotenziale sind vielfältig und reichen von schnell umsetzbaren Maßnahmen im Bestand bis hin zu grundlegenden Neukonzeptionen bei der Kühlung und der Abwärmenutzung.

Sofortmaßnahmen mit großer Wirkung: Optimierungspotenziale im Bestand

Auch in bestehenden Rechenzentren lassen sich oft ohne große Investitionen signifikante Einsparungen erzielen. Zu diesen sogenannten „Quick Wins“ gehört an erster Stelle eine Konsolidierung der Last durch Server-Virtualisierung. Indem mehrere virtuelle Maschinen auf einem einzigen physischen Server betrieben werden, kann die Auslastung der Hardware drastisch erhöht werden. Das führt dazu, dass weniger physische Server benötigt werden, was nicht nur den direkten Stromverbrauch der IT senkt, sondern auch den Kühlbedarf reduziert.

Ein weiterer oft vernachlässigter Bereich ist die Optimierung der Systemkonfigurationen. Moderne Server bieten in ihren BIOS- und Firmware-Einstellungen eine Vielzahl von Profilen und Parametern, um den Energieverbrauch an die jeweilige Auslastung anzupassen. Eine gezielte Konfiguration dieser Einstellungen, oft als „Right-Sizing“ bezeichnet, kann den Stromverbrauch im Leerlauf und unter Teillast erheblich senken, ohne die Spitzenleistung zu beeinträchtigen.

Kühlung neu gedacht: Jenseits der Klimaanlage

Die Kühlung ist einer der größten Energieverbraucher in einem Rechenzentrum und macht häufig bis zu 40 Prozent des Gesamtverbrauchs aus. Traditionelle, auf Kompressorklimaanlagen basierende Systeme sind oft ineffizient. Moderne Kühlkonzepte bieten hier erhebliche Potenziale.

Freikühlung & Adiabate Systeme

Die Freikühlung nutzt, wann immer möglich, die niedrigere Außentemperatur zur Kühlung des Rechenzentrums, anstatt energieintensive Kältemaschinen zu betreiben. In vielen gemäßigten Klimazonen kann so über einen Großteil des Jahres hinweg sehr effizient gekühlt werden. Adiabate Systeme ergänzen diesen Ansatz, indem sie bei höheren Außentemperaturen Wasser verdunsten lassen, um die Luft vorzukühlen (Verdunstungskälte). Diese Systeme sind deutlich energieeffizienter als herkömmliche Klimaanlagen.

Direkt- und Immersionsflüssigkühlung

Mit der zunehmenden Leistungsdichte moderner Prozessoren, insbesondere im Bereich des High-Performance Computing (HPC) und der KI, stoßen luftbasierte Kühlsysteme an ihre Grenzen. Hier setzen fortschrittliche Flüssigkühlkonzepte an. Bei der Direkt- oder Direct-to-Chip-Kühlung wird eine mit Flüssigkeit durchströmte Kühlplatte direkt auf die heißesten Komponenten wie die CPU montiert.

Die Immersions- oder Tauchkühlung geht noch einen Schritt weiter. Dabei wird die Hardware in eine nicht leitende Kühlflüssigkeit getaucht. Diese Methode kann extrem hohe Leistungsdichten von über 100 Kilowatt pro Rack bewältigen sowie die Effizienz und sogar die Leistung der CPUs um bis zu 40 Prozent steigern. Sie ist eine robuste Antwort auf die Herausforderungen durch steigende globale Temperaturen. Ein weiterer Vorteil ist die signifikante Verbesserung der Water Usage Effectiveness (WUE), weil diese geschlossenen Systeme im Vergleich zu offenen Verdunstungskühlern oft gar kein oder nur sehr wenig Wasser verbrauchen.

Abwärme als Ressource: Die Pflicht zur Nutzung und ihre Potenziale

Die gesamte elektrische Energie, die ein Rechenzentrum aufnimmt, wird letztlich in Wärme umgewandelt und an die Umgebung abgegeben. Diese Abwärme als Abfallprodukt zu betrachten, ist eine massive Verschwendung von Ressourcen. Die überarbeitete EU-Energieeffizienzrichtlinie (EED) erkennt dieses Potenzial und schafft neue rechtliche Rahmenbedingungen. Ab dem 1. Juli 2026 müssen Betreiber von neuen oder umfassend modernisierten Rechenzentren mit einer Nennleistung von über 1 MW eine Kosten-Nutzen-Analyse zur Abwärmenutzung durchführen und diese Wärme nutzen, sofern es technisch und wirtschaftlich machbar ist.

Aber auch in Deutschland gibt es erfolgreiche Beispiele. Das Rechenzentrum im Frankfurter Eurotheum nutzt eine Heißwasserdirektkühlung, die Abwärme auf einem Temperaturniveau von 60 Grad Celsius bereitstellt. Damit ist nicht nur eine direkte Einspeisung in das Heizsystem des Gebäudes möglich. Gleichzeitig werden die eigenen Kühl- und Heizkosten deutlich gesenkt.

Solche Projekte zeigen, dass die Abwärmenutzung technisch realisierbar und wirtschaftlich attraktiv sein kann, insbesondere wenn sie von Anfang an in die Planung eines neuen Rechenzentrums integriert wird. Die steigenden CO2-Preise für fossile Energieträger werden die Wettbewerbsfähigkeit von Abwärme als Wärmequelle in den kommenden Jahren weiter verbessern.

Hardware-Strategien im Wandel: Von der Wegwerf- zur Kreislaufwirtschaft

Eine der wirkungsvollsten, aber oft übersehenen Strategien zur Reduzierung des ökologischen Fußabdrucks liegt in der Art und Weise, wie Unternehmen ihre IT-Hardware beschaffen, nutzen und entsorgen. Der Paradigmenwechsel von einem linearen Modell des Kaufens, Nutzens und Wegwerfens hin zu einer echten Kreislaufwirtschaft ist nicht nur ökologisch geboten, sondern wird zunehmend auch durch regulatorische Vorgaben und ökonomische Anreize gefördert. Im Zentrum steht dabei die fundamentale Neubewertung der Hardware-Lebensdauer.

Lebensdauerverlängerung: Der Konflikt zwischen TCO und ökologischem Fußabdruck

Die gängige Praxis in vielen Unternehmen ist ein regelmäßiger Hardware-Refresh-Zyklus von drei bis fünf Jahren. Dieser wird oft weniger durch technische Notwendigkeit als vielmehr durch die Geschäftsmodelle der Originalgerätehersteller (OEMs) angetrieben. Mit dem Auslaufen der Garantie und dem Erreichen des offiziellen End-of-Life (EOL) oder „End-of-Service-Life“ (EOSL) stellen die Hersteller den Support und vor allem die Bereitstellung kritischer Firmware- und Sicherheitsupdates ein. Dies erzeugt einen starken Druck, funktionierende und für die anfallenden Workloads oft noch völlig ausreichende Hardware vorzeitig zu ersetzen.

Diese Strategie hat verheerende ökologische Konsequenzen. Wie bereits dargelegt, verursacht die Herstellung neuer Hardware massive CO2-Emissionen. Eine Verlängerung der Nutzungsdauer von beispielsweise 12 Jahren, bei der nur zweimal statt viermal neue Hardware angeschafft wird, kann die produktionsbedingten CO2-Emissionen halbieren. Diese enorme Einsparung an grauen Emissionen muss gegen die potenziell geringfügig höheren Energiekosten älterer Hardware abgewogen werden. Oft überwiegt der ökologische Vorteil der vermiedenen Neuproduktion bei Weitem.

Die EU-Ökodesign-Richtlinie (Verordnung 2019/424) greift genau hier an und stärkt die Position der Anwender. Sie verpflichtet die Hersteller von Servern und Speichersystemen, Firmware-Updates für einen Zeitraum von mindestens acht Jahren nach Inverkehrbringen des letzten Produkts eines Modells zur Verfügung zu stellen. Sicherheitskritische Updates müssen dabei sogar kostenlos sein. Diese Regelung durchbricht den künstlichen Zwang zum Neukauf und schafft die rechtliche Grundlage für eine strategische Lebensdauerverlängerung ohne Kompromisse bei der Sicherheit.

Tabelle 2: Vergleich von Hardware-Refresh-Strategien

Kriterium Traditioneller OEM-Zyklus (3-5 Jahre) Verlängerter Lebenszyklus mit TPM (7-10+ Jahre)
Kapitalkosten (CapEx) Hoch, durch regelmäßige Neuinvestitionen alle 3-5 Jahre Deutlich geringer, weil Neuinvestitionen seltener anfallen
Betriebskosten (OpEx) Hohe Wartungskosten nach der Garantiezeit direkt beim OEM Signifikant niedrigere Wartungskosten durch TPM (30-70% Ersparnis)
Embodied Carbon (CO2e) Sehr hoch, weil der CO2-Rucksack der Neuproduktion alle 3-5 Jahre anfällt Deutlich reduziert, weil die Neuproduktion vermieden oder hinausgezögert wird
Operatives Risiko Geringes Risiko während der Garantiezeit, aber hohes Kostenrisiko danach Gering, bei Auswahl eines qualifizierten TPM-Anbieters mit garantierten SLAs und Ersatzteilverfügbarkeit
Flexibilität / Vendor Lock-in Hohe Abhängigkeit vom OEM, dessen Produktzyklen und Preispolitik Hohe Flexibilität, Unabhängigkeit von OEM-Zyklen, Möglichkeit zum Betrieb von Multi-Vendor-Umgebungen

Sicherer Einsatz von Refurbished- und Second-Life-Hardware

Die Verlängerung der Lebensdauer muss nicht zwangsläufig bedeuten, dieselbe Hardware über zehn Jahre zu betreiben. Eine intelligente Kreislaufstrategie schließt auch den gezielten Einsatz von professionell aufbereiteter (refurbished) Hardware mit ein. Die größte Hürde hierbei ist oft die Sorge um die Datensicherheit. Diese Bedenken sind jedoch bei Einhaltung professioneller Prozesse unbegründet.

Der Schlüssel liegt in der Zusammenarbeit mit zertifizierten IT Asset Disposition (ITAD) Partnern. Diese Spezialisten folgen strengen Protokollen für die sichere Außerbetriebnahme (Decommissioning) und Datenlöschung. Standards wie der NIST 800-88 definieren präzise Methoden zur unwiderruflichen Datenbereinigung. Für Datenträger, die nicht wiederverwendet werden sollen, garantieren zertifizierte Anbieter die physische Zerstörung durch Schreddern oder Degaussing. Wichtig sind Zertifizierungen wie R2v3 oder NAID AAA, die eine lückenlose Dokumentation der Prozesskette (Chain of Custody) und die Ausstellung von Zertifikaten über die erfolgte Datenlöschung oder -zerstörung gewährleisten. Unternehmen, die refurbished Hardware erwerben, können und sollten auf solche Nachweise bestehen.

Die Rolle von Third-Party-Maintenance (TPM) als strategischer Hebel

Third-Party-Maintenance (TPM) ist der entscheidende operative Baustein, um eine Strategie der Lebensdauerverlängerung sicher und wirtschaftlich umzusetzen. TPM-Anbieter wie Hardwarewartung.com sind unabhängige Dienstleister, die Wartung und Support für Server-, Speicher- und Netzwerkhardware über das offizielle Support-Ende (EOL/EOSL) des Herstellers hinaus anbieten.

Die Vorteile sind vielfältig. An vorderster Stelle stehen massive Kosteneinsparungen von 30 bis 70 Prozent im Vergleich zu den oft überteuerten Post-Warranty-Supportverträgen der OEMs. Mindestens ebenso wichtig ist jedoch die gewonnene strategische Flexibilität. Unternehmen können ihre Hardware so lange betreiben, wie sie technisch und wirtschaftlich sinnvoll ist, und entkoppeln sich vollständig von den vorgegebenen Refresh-Zyklen der Hersteller. Qualifizierte TPM-Anbieter verfügen über ein globales Netz an Ersatzteillagern und spezialisierte Techniker, um schnelle Reaktionszeiten und hohe Service Level Agreements (SLAs) zu garantieren.

Kooperationen mit Herstellern für Rücknahme und zertifiziertes Recycling

Für Hardware, die endgültig das Ende ihrer Nutzungsdauer erreicht hat, ist eine verantwortungsvolle Entsorgung entscheidend. Viele große OEMs bieten inzwischen eigene Rücknahmeprogramme an. Unabhängig davon ist es entscheidend, auf zertifizierte Recycling-Dienstleister zu setzen. Zertifizierungen wie R2 (Responsible Recycling) oder e-Stewards stellen sicher, dass die Entsorgung nach höchsten Umwelt- und Sozialstandards erfolgt, gefährliche Stoffe fachgerecht behandelt und eine maximale Quote an Rohstoffen zurückgewonnen wird. Diese Partner bieten oft auch Dienstleistungen zur Wertrückgewinnung (Asset Recovery) an, indem sie noch funktionsfähige Komponenten ausbauen und weiterverkaufen, was die Wirtschaftlichkeit des Prozesses weiter verbessert.

Energiebeschaffung und Standortwahl: Die Weichen richtig stellen

Die nachhaltigste Kilowattstunde ist die, die gar nicht erst verbraucht wird. Doch selbst nach Ausschöpfung aller Effizienzpotenziale bleibt der Energiehunger von Rechenzentren immens. Die nächsten entscheidenden Hebel für eine nachhaltige Strategie liegen daher in der aktiven Gestaltung des Energiemixes und in weitsichtigen Standortentscheidungen, die die Verfügbarkeit von grüner Energie und anderen kritischen Ressourcen wie Wasser von vornherein berücksichtigen.

Aktive Gestaltung des Energiemixes: PPAs, Herkunftsnachweise und Eigenstromerzeugung

Sich passiv auf den lokalen Strommix des Netzbetreibers zu verlassen, ist für ein nachhaltig agierendes Unternehmen keine zukunftsfähige Option mehr. Stattdessen gibt es mehrere Instrumente, um den Bezug von erneuerbaren Energien aktiv zu steuern

  • Power Purchase Agreements (PPAs): Ein PPA ist ein langfristiger Stromliefervertrag, der direkt zwischen einem Stromverbraucher (dem Rechenzentrum) und einem Erzeuger von erneuerbarer Energie (z.B. einem Wind- oder Solarparkbetreiber) geschlossen wird. Das bietet beiden Seiten Planungssicherheit: Der Rechenzentrumsbetreiber sichert sich über Jahre hinweg einen festen Preis für grünen Strom, und der Energieerzeuger erhält die notwendige finanzielle Grundlage für den Bau und Betrieb seiner Anlage. PPAs sind ein wirkungsvolles Instrument, um den Zubau erneuerbarer Energien direkt zu fördern und die eigene CO2-Bilanz (Scope 2) nachweislich zu verbessern.
  • Herkunftsnachweise (Guarantees of Origin): Für Unternehmen, für die ein direktes PPA nicht in Frage kommt, bieten Herkunftsnachweise eine Möglichkeit, den Bezug von Ökostrom zu belegen. Hierbei wird der konventionelle Strom aus dem Netz bezogen und zusätzlich eine entsprechende Menge an Zertifikaten erworben, die die Produktion von Strom aus erneuerbaren Quellen belegen.
  • On-Site-Erzeugung: Die Errichtung eigener Stromerzeugungsanlagen direkt am Standort des Rechenzentrums, beispielsweise durch Photovoltaik-Anlagen auf dem Dach oder auf angrenzenden Freiflächen, ist eine weitere attraktive Option. Das senkt nicht nur die Energiekosten und die Abhängigkeit vom Netz, sondern erhöht auch die Resilienz und Versorgungssicherheit der Anlage erheblich.

Das netzdienliche Rechenzentrum: Vom Verbraucher zum aktiven Netzstabilisator

Die traditionelle Sichtweise auf Rechenzentren als massive, unflexible und problematische Last für die Stromnetze weicht zunehmend einem neuen, revolutionären Konzept: dem netzdienlichen oder „Grid-Interactive“ Rechenzentrum. Die Energiewende führt durch den wachsenden Anteil an volatilen Energiequellen wie Wind und Sonne zu größeren Schwankungen im Stromnetz. Rechenzentren können hier eine entscheidende Rolle bei der Stabilisierung spielen.

Durch die Teilnahme an sogenannten „Demand Response“-Programmen können Rechenzentren ihre Stromaufnahme in Zeiten hoher Netzlast und knapper Erzeugung gezielt und temporär drosseln. Technisch wird dies oft durch den kurzzeitigen Betrieb der ohnehin vorhandenen unterbrechungsfreien Stromversorgung (USV) und Backup-Generatoren oder durch den Einsatz von Batteriespeichersystemen realisiert. Anstatt nur als Notfallsysteme für den eigenen Schutz zu dienen, wird diese Resilienz-Infrastruktur zu einem aktiven Werkzeug für das Netzmanagement. Diese Netzdienstleistung wird von den Netzbetreibern vergütet und kann so eine zusätzliche Einnahmequelle für das Rechenzentrum erschließen.

Diese strategische Neuausrichtung wandelt die Beziehung zum Energieversorger von einer rein konsumtiven zu einer symbiotischen Partnerschaft und positioniert das Rechenzentrum als wertvollen Akteur der Energiewende.

Standortentscheidungen mit Weitblick: Wasser- und Stromverfügbarkeit als kritische Faktoren

Die Wahl des richtigen Standorts ist die wichtigste und weitreichendste Entscheidung im Sinne der Nachhaltigkeit. Ein eindrückliches warnendes Beispiel liefert der US-Bundesstaat Virginia, der sich zum weltweit größten Ballungsraum für Rechenzentren entwickelt hat. Der unkontrollierte Zuwachs hat dort zu einer massiven Überlastung des Stromnetzes geführt, was den Ausbau erneuerbarer Energien blockiert und stattdessen den Bau neuer Gaskraftwerke erfordert. Gleichzeitig ist der Wasserverbrauch der Rechenzentren, vor allem für die Kühlung, explodiert und hat in der Region zu akuter Wasserknappheit geführt. Der Wasserverbrauch der Rechenzentren stieg seit 2021 um 250 Prozent auf etwa 3,4 Milliarden Liter im Jahr 2023.

Diese Entwicklung führt zu massivem Widerstand in der Bevölkerung und zu regulatorischen Eingriffen, die bereits zur Verzögerung oder Blockade von Projekten im Wert von mehreren Milliarden Dollar geführt haben. Für Unternehmen bedeutet das ein enormes Risiko für Investitionen (stranded assets).

Zukünftige Standortentscheidungen müssen daher zwingend eine sorgfältige Analyse der langfristigen Verfügbarkeit von grünem Strom und Wasser einbeziehen. Standorte mit einem hohen Anteil an erneuerbaren Energien im Netz, einem kühlen Klima (das eine effiziente Freikühlung ermöglicht) und einer unkritischen Wasserversorgung werden zu entscheidenden Wettbewerbsvorteilen.

Governance und Compliance: Den rechtlichen Rahmen meistern

Nachhaltigkeit im Rechenzentrum ist kein rein freiwilliges Unterfangen mehr. Ein immer dichteres Netz aus gesetzlichen Vorschriften, Industriestandards und Selbstverpflichtungen schafft einen verbindlichen Rahmen, den Unternehmen kennen und beherrschen müssen. Eine robuste Governance-Struktur ist unerlässlich, um Compliance sicherzustellen, Risiken zu minimieren und die Glaubwürdigkeit der eigenen Nachhaltigkeitsbemühungen zu untermauern.

Die neuen EU-Vorgaben: Energieeffizienzrichtlinie (EED) und Ökodesign-Richtlinie

Die Europäische Union hat mit zwei zentralen Regelwerken die Weichen für mehr Nachhaltigkeit und Transparenz im Rechenzentrumssektor gestellt.

Die Energieeffizienzrichtlinie (EED) zielt primär auf Transparenz ab. Sie verpflichtet Betreiber größerer Rechenzentren zu einem jährlichen, detaillierten Reporting über ihre Energie- und Nachhaltigkeitsleistung. Diese Daten werden zentral gesammelt und sollen eine bessere politische Steuerung des Sektors ermöglichen. Für Unternehmen bedeutet das einen erheblichen administrativen Aufwand, der ohne ein funktionierendes Monitoring-System kaum zu bewältigen ist.

Die Ökodesign-Richtlinie hingegen greift direkt in das Produktdesign und die Geschäftsmodelle der Hersteller ein. Indem sie eine langfristige Verfügbarkeit von Firmware-Updates vorschreibt, entzieht sie der Praxis der künstlichen Veralterung die Grundlage. Das ist der entscheidende rechtliche Hebel, der es Unternehmen ermöglicht, ihre Hardware-Lebenszyklen strategisch zu verlängern, ohne Sicherheitsrisiken einzugehen.

Tabelle 3: Überblick der relevanten EU-Regularien für Rechenzentren

Energieeffizienzrichtlinie (EED) – Berichtspflichten
Betroffene RZ Betreiber von Rechenzentren in der EU mit einer installierten IT-Leistungsaufnahme von mindestens 500 kW
Zu meldende Daten Allgemeine Informationen (Standort, Betreiber etc.) sowie 18 KPIs zu Energie, Nachhaltigkeit (u.a. PUE, WUE, ERF, REF), ICT-Kapazität und Datenverkehr
Meldefrist Erstmals bis 15. September 2024 für die Daten des Kalenderjahres 2023. Ab 2025 jährlich bis zum 15. Mai für das vorangegangene Jahr
Zuständige Behörde Meldung erfolgt an eine zentrale EU-Datenbank oder, falls von den Mitgliedstaaten eingerichtet, an eine nationale Plattform
Ökodesign-Richtlinie (EU 2019/424) – Server/Storage
Betroffene Hardware Server mit 1 bis 4 CPU-Sockeln und Speichersysteme mit 4 bis 400 Laufwerken, die nach April 2019 in Verkehr gebracht wurden
Kernanforderung Hersteller müssen die letzte verfügbare Firmware-Version für mindestens acht Jahre nach dem Inverkehrbringen des letzten Produkts eines Modells bereitstellen. Sicherheitsupdates müssen kostenlos sein
Weitere Anforderungen Vorgaben zur Energieeffizienz im Betrieb und zur Ressourceneffizienz (Reparierbarkeit, Recyclingfähigkeit)
Auswirkung für Betreiber Schafft die rechtliche Grundlage für eine sichere, verlängerte Nutzung von Hardware über die typischen OEM-Supportzyklen hinaus und fördert die Kreislaufwirtschaft

Freiwillige Selbstverpflichtungen und Industriestandards: ISO 50001, ISO 14001 und der Climate Neutral Data Centre Pact

Neben den gesetzlichen Vorgaben gibt es eine Reihe von international anerkannten Standards und Brancheninitiativen, die Unternehmen als Leitplanken für ihre Nachhaltigkeitsstrategie dienen können.

  • ISO 50001 (Energiemanagementsystem): Diese Norm bietet einen systematischen Rahmen, um den Energieverbrauch zu erfassen, Ziele zur Effizienzsteigerung zu definieren, Maßnahmen umzusetzen und deren Erfolg kontinuierlich zu überprüfen. Eine Zertifizierung nach ISO 50001 ist ein international anerkannter Nachweis für ein professionelles Energiemanagement und hilft, interne Prozesse zu strukturieren und kontinuierliche Verbesserungen zu erzielen.
  • ISO 14001 (Umweltmanagementsystem): Dieser Standard hat einen breiteren Anwendungsbereich als ISO 50001 und umfasst alle relevanten Umweltaspekte eines Unternehmens einschließlich Energie, Wasser, Abfallmanagement und die Einhaltung von Umweltgesetzen. Ein nach ISO 14001 zertifiziertes Umweltmanagementsystem hilft, Umweltrisiken systematisch zu managen und die gesamte Umweltleistung des Rechenzentrums kontinuierlich zu verbessern.
  • Climate Neutral Data Centre Pact: Hierbei handelt es sich um eine freiwillige Selbstverpflichtung von über 70 führenden Rechenzentrumsbetreibern und Cloud-Anbietern in Europa, bis zum Jahr 2030 Klimaneutralität zu erreichen. Der Pakt, der von der Europäischen Kommission unterstützt wird, setzt konkrete und messbare Ziele für die Jahre 2025 und 2030 in fünf Bereichen: Energieeffizienz (gemessen in PUE), Bezug von 100 Prozent CO2-freier Energie, Wassereffizienz (gemessen in WUE), Kreislaufwirtschaft (Reparatur und Wiederverwendung von Servern) und die Nutzung von Abwärme. Die Teilnahme an diesem Pakt ist ein starkes Signal an Kunden, Investoren und die Öffentlichkeit und zeigt das proaktive Engagement der Branche für den Klimaschutz.

Der Weg zum klimaneutralen Rechenzentrum: 5 strategische Säulen

Die Transformation zu einem nachhaltigen Rechenzentrumsbetrieb ist keine singuläre Maßnahme, sondern bedeutet einen tiefgreifenden strategischen Wandel, der Technologie, Prozesse und Geschäftsmodelle umfasst. Die vorangegangene Analyse hat gezeigt, dass dieser Wandel nicht nur eine ökologische Notwendigkeit, sondern zunehmend auch ein ökonomisches und regulatorisches Gebot ist. Für Entscheider, die ihre Rechenzentren zukunftsfähig aufstellen wollen, kristallisieren sich fünf strategische Säulen heraus, die den Weg zum klimaneutralen Betrieb ebnen.

  1. Radikale Transparenz: Der erste und wichtigste Schritt ist, die eigene Wirkung vollständig zu verstehen. Das erfordert eine Abkehr von der alleinigen Betrachtung der Betriebseffizienz (PUE) hin zu einer ganzheitlichen Lebenszyklusanalyse (LCA), die auch die massiven grauen Emissionen aus der Hardware-Produktion erfasst. Nur wer misst, was wirklich zählt, kann die richtigen Hebel identifizieren und seine Fortschritte glaubwürdig belegen.
  2. Operative Exzellenz: Die kontinuierliche Optimierung der Energieeffizienz im Betrieb bleibt ein Kernanliegen. Das umfasst den Einsatz moderner, hocheffizienter Kühltechnologien wie Flüssigkühlung und die konsequente Nutzung von Abwärme, die durch neue EU-Vorgaben von einem Abfallprodukt zu einer wertvollen Ressource wird.
  3. Zirkuläre Hardware-Strategien: Der größte ungenutzte Hebel liegt in der Verlängerung der Hardware-Lebenszyklen. Anstatt dem von OEMs forcierten 3- bis 5-Jahres-Zyklus zu folgen, ermöglicht eine strategische Nutzung von Third-Party-Maintenance (TPM) und refurbished Hardware eine signifikante Reduzierung des CO2-Fußabdrucks und der Kapitalkosten. Die EU-Ökodesign-Richtlinie bietet hierfür die notwendige rechtliche Rückendeckung.
  4. Intelligente Energiebeschaffung und Standortwahl: Nachhaltigkeit beginnt bei der Wahl der Energiequelle und des Standorts. Der aktive Bezug von erneuerbaren Energien über Power Purchase Agreements (PPAs) und die Entwicklung von Rechenzentren zu netzdienlichen Akteuren, die durch Demand Response das Stromnetz stabilisieren, sind entscheidende Schritte. Die Verfügbarkeit von grünem Strom und Wasser wird zum kritischen Erfolgsfaktor für jede Neuansiedlung.
  5. Robuste Governance: Das Navigieren im komplexen Feld der Vorschriften (EED, CSRD) und Standards (ISO 14001, ISO 50001) erfordert eine klare Governance-Struktur. Compliance ist keine Kür, sondern Pflicht. Freiwillige Initiativen wie der Climate Neutral Data Centre Pact dienen dabei als ambitionierte Leitplanken und senden ein starkes Signal an den Markt.

Häufig gestellte Fragen (FAQs) zur Nachhaltigkeit in Rechenzentren

Warum ist Nachhaltigkeit für Rechenzentren so wichtig geworden?

Der stetig wachsende Energiebedarf durch die Digitalisierung trifft auf immer strengere Klimaziele und gesetzliche Vorschriften, was Nachhaltigkeit zu einem entscheidenden Faktor für Kosten, Risikomanagement und die langfristige Wettbewerbsfähigkeit macht. Unternehmen müssen ökologische Standards erfüllen, um ihre Betriebslizenz und Zukunftsfähigkeit zu sichern.

Welche sind die größten versteckten Emissionen bei IT-Hardware?

Die größten versteckten Emissionen sind der sogenannte „Embodied Carbon“ oder „graue Emissionen“, die bei der ressourcenintensiven Rohstoffgewinnung und Herstellung der Hardware entstehen, noch bevor diese in Betrieb genommen wird. Diese können einen erheblichen Teil des gesamten CO2-Fußabdrucks eines Geräts ausmachen.

Was misst der PUE-Wert, und warum reicht er allein nicht aus?

Der Power Usage Effectiveness (PUE) misst, wie effizient die Infrastruktur eines Rechenzentrums, wie z. B. die Kühlung, im Verhältnis zur verbrauchten Energie der IT-Hardware ist. Er berücksichtigt jedoch weder die Effizienz der IT-Hardware selbst noch den Wasserverbrauch (WUE) oder die CO2-Intensität des genutzten Stroms (CUE).

Wie können Rechenzentren ihre Abwärme sinnvoll nutzen?

Rechenzentren können ihre Abwärme in lokale Fernwärmenetze einspeisen, um umliegende Gebäude zu heizen, was durch neue EU-Vorgaben ab 2026 sogar gefördert wird. Besonders effizient ist dies bei Einsatz einer Heißwasserkühlung, die höhere Temperaturen für die direkte Nutzung bereitstellt.

Warum ist die Verlängerung der Hardware-Lebensdauer so wirksam für die Nachhaltigkeit?

Eine längere Nutzung der Hardware vermeidet die hohen CO2-Emissionen, die bei der Herstellung neuer Geräte anfallen, und reduziert so den gesamten ökologischen Fußabdruck oft stärker als geringfügige Energieeinsparungen durch neue Modelle. Die EU-Ökodesign-Richtlinie unterstützt dies, indem sie Hersteller zu langjährigen Firmware-Updates verpflichtet.

Was ist Third-Party-Maintenance (TPM) und welche Vorteile bietet es?

Third-Party-Maintenance (TPM) ist die Wartung von IT-Hardware durch unabhängige Anbieter nach dem offiziellen Support-Ende des Herstellers, was die Nutzungsdauer der Geräte verlängert. Dies führt zu erheblichen Kosteneinsparungen von 30 bis 70 Prozent und entkoppelt Unternehmen von den starren Austauschzyklen der Hersteller.

Was regelt die EU-Ökodesign-Richtlinie für Server?

Die EU-Ökodesign-Richtlinie (Verordnung 2019/424) verpflichtet Hersteller, Firmware-Updates für Server und Speichersysteme für mindestens acht Jahre bereitzustellen. Das gibt Unternehmen die Sicherheit, ihre Hardware länger zu nutzen, ohne auf wichtige Sicherheitsupdates verzichten zu müssen.

Wie können Rechenzentren aktiv zur Stabilisierung der Stromnetze beitragen?

Durch die Teilnahme an Demand-Response-Programmen können Rechenzentren ihre Stromaufnahme bei Netzengpässen gezielt drosseln und so das Netz stabilisieren. Dafür erhalten sie eine Vergütung und wandeln sich vom reinen Verbraucher zum aktiven Partner der Energiewende.

Welche neuen Berichtspflichten kommen durch die EU-Energieeffizienzrichtlinie (EED) auf Rechenzentren zu?

Betreiber von Rechenzentren über 500 kW müssen ab 2024 jährlich detaillierte Daten zu Energieverbrauch und Nachhaltigkeitskennzahlen wie PUE, WUE und Abwärmenutzung an eine EU-Datenbank melden. Diese Transparenzpflicht erfordert ein robustes Monitoring-System.

Was ist der Climate Neutral Data Centre Pact?

Der Climate Neutral Data Centre Pact ist eine freiwillige Selbstverpflichtung der Branche, Rechenzentren in Europa bis 2030 klimaneutral zu machen. Die Unterzeichner verpflichten sich zu messbaren Zielen in den Bereichen Energieeffizienz, erneuerbare Energien, Wassereffizienz, Kreislaufwirtschaft und Abwärmenutzung.

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Über den Autor:

Christian Kunz ist ein bekannter Experte für SEO, Suchmaschinen und die Optimierung für LLMs. Er war außerdem Koordinator für die IT eines Unternehmensbereichs in einem deutschen Internet-Konzern sowie IT-Projektmanager. LinkedIn-Profil von Christian: Christian Kunz
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