Google AlphaEvolve ist da: KI-Agent zum Entdecken und Optimieren von Algorithmen

Google hat mit AlphaEvolve einen KI-Agenten veröffentlicht, der komplexe Probleme in der Informatik und Mathematik lösen soll. Im Fokus stehen Aufgaben, die für herkömmliche Methoden oft zu rechenintensiv sind. AlphaEvolve ist ein Coding Agent, der die kreativen Fähigkeiten von großen Sprachmodellen (LLMs) mit evolutionären Algorithmen kombiniert, um bestehenden Programmcode nicht nur zu schreiben, sondern iterativ zu verbessern und völlig neue Lösungswege zu entdecken.

Funktionsweise des Systems

Das Kernprinzip von AlphaEvolve beruht auf einem evolutionären Prozess, der kreative Vorschläge generiert und diese streng gegen eine objektive Wahrheit prüft. Der Arbeitsablauf lässt sich in vier wesentliche Schritte unterteilen:

1. Eingabe und Initialisierung: Der Nutzer definiert ein Problem sowie eine Bewertungslogik (Evaluation Logic), um die Qualität einer Lösung messbar zu machen. Zudem wird ein „Seed-Programm" eingespeist: ein funktionierender, wenn auch möglicherweise noch nicht optimaler Code.
2. Mutation durch KI: Hier kommen Googles Gemini-Modelle zum Einsatz. Das System nutzt eine Kombination aus Gemini Flash für Geschwindigkeit und Breite der Ideen sowie Gemini Pro für Tiefe und Qualität, um den ursprünglichen Code zu analysieren und mutierte, optimierte Versionen davon zu erstellen.
3. Evolution und Selektion: Die neuen Code-Varianten werden in einen sogenannten Populationsraum aufgenommen. Evolutionäre Algorithmen wählen aus, welche dieser Mutationen kombiniert oder weiter verändert werden sollen, um als Ausgangspunkt für die nächste Generation zu dienen.

Rekursive Schleife: Die vorgeschlagenen Lösungen werden durch automatisierte Evaluatoren verifiziert und bewertet. Schneidet ein neuer Code besser ab als der vorherige, wird er zum „Elternteil" für die nächste Generation. Dieser Prozess wiederholt sich rekursiv, wodurch sich die Algorithmen von der ursprünglichen Saat hin zu hochgradig optimierten Lösungen entwickeln.

Der Prozess erinnert damit stark an die Huxley-Gödel-Maschine: ein System, das mithilfe von evolutionären Prozessen sich selbst verbessernde Coding-Prozesse entwickeln soll.

Fähigkeiten und bisherige Erfolge

AlphaEvolve ist in der Lage, eigenständig Algorithmen zu entwickeln, die effizienter sind als die von Menschen geschriebenen Ursprungsversionen. Google hat das System bereits intern eingesetzt und dabei deutliche Verbesserungen in der eigenen Infrastruktur erzielt:

• Effizienz in Rechenzentren: AlphaEvolve fand eine bessere Heuristik für das Aufgabenmanagement in Googles Rechenzentren. Das führte zu einer durchschnittlichen Einsparung von 0,7 % der globalen Rechenkapazitäten.
• Hardware-Design: Das System beschleunigte das Design der nächsten Generation von Googles Tensor Processing Units (TPUs), indem es effizientere arithmetische Schaltkreise in der Hardware-Beschreibungssprache Verilog vorschlug.
• KI-Training: Durch die Optimierung eines zentralen Kernels in der Architektur von Gemini konnte die Trainingszeit des Modells um ein Prozent  reduziert und der Kernel selbst um 23 Prozent beschleunigt werden,.
• Mathematik: AlphaEvolve entdeckte neue Algorithmen für die Matrixmultiplikation, die effizienter sind als der bekannte Strassen-Algorithmus von 1969. Zudem lieferte es neue Erkenntnisse zum Kissing Number Problem in der Geometrie.

Anwendungsmöglichkeiten in der Industrie

AlphaEvolve ist so konzipiert, dass es auf jedes Problem angewendet werden kann, dessen Lösung als Algorithmus beschreibbar und objektiv messbar ist. Google sieht Anwendungspotenziale weit über die Informatik hinaus:

• Logistik: Optimierung von Routen und Bestandsmanagement zur Reduzierung von Kraftstoffkosten und Lieferzeiten
• Biotechnologie und Pharma: Verbesserung von Algorithmen für molekulare Simulationen, um die Medikamentenentwicklung zu beschleunigen
• Energie: Lastverteilung in intelligenten Stromnetzen (Smart Grids) zur besseren Integration erneuerbarer Energien
• Finanzwesen: Weiterentwicklung algorithmischer Risikomodelle für das Portfoliomanagement

Zielgruppe und Verfügbarkeit

AlphaEvolve richtet sich primär an Innovatoren in Wissenschaft und Technik sowie an Unternehmen, die mit komplexen Optimierungsproblemen konfrontiert sind. Das System eignet sich besonders für Bereiche, in denen Fortschritte klar quantifizierbar sind, wie etwa in der Mathematik oder Informatik.

Aktuell ist AlphaEvolve noch nicht allgemein öffentlich zugänglich. Es wird über die Google Cloud in einer Private Preview angeboten. Die AlphaEvolve Service API ist zudem über ein Early Access Programm verfügbar. Interessierte Unternehmen und akademische Nutzer können sich an ihre Google Cloud-Vertreter wenden, um Zugang zu erhalten.