Was denkt Hardwarewartung 24?
In unseren letzten Podcast-Folgen haben wir das Thema schon sehr ausführlich besprochen und sehen die aktuellen Entwicklungen mit erheblicher Skepsis. Die Struktur der gegenseitigen Investitionen zwischen Nvidia, OpenAI, Oracle und anderen Akteuren erinnert stark an klassische Bubble-Mechanismen – allerdings mit einem entscheidenden Unterschied zur Dotcom-Blase: Diesmal sind nicht primär Venture-Kapitalisten involviert, sondern institutionelle Investoren, Banken und sogar Staatsfonds aus Katar, Dubai und den Emiraten. Das Volumen und die systemische Relevanz sind damit deutlich größer als im Jahr 2000.
Zirkuläre Geschäfte: Geld im Kreis
Ein Hauptproblem, das die Situation verschärft, sind die zirkulären Investitionsstrukturen zwischen den beteiligten Unternehmen.
Wie funktioniert der Kreislauf?
Nvidia investiert in OpenAI → OpenAI kauft Cloud-Kapazität bei Oracle → Oracle kauft GPUs von Nvidia
Nvidia investiert in CoreWeave → CoreWeave baut Rechenzentren → OpenAI mietet bei CoreWeave → CoreWeave kauft GPUs von Nvidia
Microsoft investiert in OpenAI → OpenAI nutzt Azure-Kapazität → Microsoft verdient an OpenAI
OpenAI investiert in AMD (10% Anteile) → AMD liefert Chips an OpenAI
Das Problem: Künstliches Wachstum
Diese Verflechtungen erzeugen den Anschein von Wachstum, obwohl das Geld größtenteils im Kreis fließt:
- Nvidia verdient Milliarden durch GPU-Verkäufe an Oracle und CoreWeave
- Nvidia investiert Milliarden in genau diese Kunden (OpenAI, CoreWeave)
- Das Geld fließt zurück zu Nvidia durch neue Chip-Bestellungen
Vereinfacht gesagt: Nvidia gibt seinen Kunden Geld, damit diese Nvidia-Produkte kaufen können.
Warum das gefährlich ist
Aufgeblähte Bewertungen: Jedes Unternehmen in der Kette verbucht Umsätze, obwohl letztlich nur Geld im Kreis fließt. Das treibt Aktienkurse und Bewertungen künstlich in die Höhe.
Kaskadenrisiko: Wenn ein Glied der Kette ausfällt (z.B. OpenAI kann nicht mehr zahlen), kollabiert die gesamte Struktur:
- Oracle kann Nvidia nicht mehr bezahlen
- Nvidia's Umsätze brechen ein
- CoreWeave verliert seinen Hauptkunden
- Alle Bewertungen fallen gleichzeitig
Täuschung der Investoren: Banken, Pensionskassen und Staatsfonds sehen „starkes Wachstum" und „hohe Umsätze" – übersehen aber, dass diese größtenteils auf zirkulären Deals basieren, nicht auf echter Endkundennachfrage.
Risikotransfer durch CapEx-zu-OpEx-Strukturen
Besonders bedenklich ist die systematische Verschiebung von Investitionsrisiken durch CapEx-zu-OpEx-Deals. Konkrete Beispiele verdeutlichen das Ausmaß:
Microsoft-Nebius-Deal (17,4 Milliarden Dollar): Microsoft kauft Datacenter-Leistung von Nebius für 17,4 Milliarden Dollar. Nebius nimmt dafür Fremdkapital bei Banken auf, um die erforderlichen Rechenzentren zu bauen. Microsoft zahlt die Leistung als operative Kosten (OpEx) zurück, während die Kapitalinvestitionen (CapEx) bei Nebius und dessen Kreditgebern liegen.
Nvidia-CoreWeave-Deal (6 Milliarden Dollar): Nvidia kauft für 6 Milliarden Dollar Datacenter-Leistung von CoreWeave und verkauft gleichzeitig CoreWeave die GPUs für den Aufbau dieser Kapazitäten. Nvidia generiert so Umsatz durch GPU-Verkäufe, während das Infrastrukturrisiko bei CoreWeave und dessen Finanzierern liegt.
Meta-Tochtergesellschafts-Modell: Meta gründet eine eigene Tochterfirma, die Rechenzentren mit Fremdkapital baut. Meta garantiert die Abnahme der Rechenleistung, kauft diese aber als OpEx zurück. Die CapEx-Belastung erscheint nicht in Metas Hauptbilanz, sondern bei der Tochtergesellschaft und deren Kreditgebern.
Diese Konstruktionen ermöglichen es den Unternehmen, massiv in Infrastruktur zu investieren, ohne ihre Cashflow-Kennzahlen zu belasten. Das eigentliche Risiko tragen Banken, Private-Equity-Investoren, Pensionskassen und Staatsfonds – die letzten Glieder in der Finanzierungskette, die bei einem Ausfall die Verluste schultern müssten.
Das Monetarisierungsproblem: Kann OpenAI genug Umsatz generieren?
Die zentrale Frage lautet: Kann OpenAI genug Geld verdienen, um seinen Infrastruktur-Partnern die nötigen Einnahmen zu verschaffen? Um das zu beantworten, haben wir die möglichen Einnahmequellen bis 2030 durchgerechnet.
Einnahmequelle 1: Abo-Gebühren von Privatnutzern
Ausgangslage 2025:
- Etwa 700 Millionen Menschen nutzen ChatGPT wöchentlich
- Nur 3% zahlen für ein Abo (ca. 21 Millionen Nutzer)
- Abo-Preis: 25 Dollar pro Monat = 300 Dollar pro Jahr
- Jahresumsatz aus Abos: 6,3 Milliarden Dollar
Optimistisches Szenario 2030:
- 2 Milliarden Nutzer weltweit (mehr ist unrealistisch)
- 10% zahlen für ein Abo (sehr optimistisch; Spotify erreicht ~40%, aber nach vielen Jahren)
- Jahresumsatz aus Abos: 60 Milliarden Dollar
Einnahmequelle 2: API-Nutzung durch Unternehmen
Viele Unternehmen nutzen OpenAI-Technologie über Programmierschnittstellen (APIs), um eigene Anwendungen zu bauen. 2025 generiert OpenAI damit etwa 5-6 Milliarden Dollar.
Optimistisches Szenario 2030:
- Massive Verbreitung in Unternehmen
- OpenAI dringt erfolgreich ins Enterprise-Segment vor (aktuell dominieren dort Anthropic, Google und Microsoft)
- Jahresumsatz aus APIs: 50-60 Milliarden Dollar
Problem: Diese Annahme ist sehr optimistisch, da OpenAI im Enterprise-Bereich bisher kaum Fuß gefasst hat.
Einnahmequelle 3: Werbung
Der weltweite digitale Werbemarkt (Google, Meta, Amazon zusammen) liegt 2025 bei etwa 400 Milliarden Dollar und wächst bis 2030 auf geschätzte 500 Milliarden Dollar.
Optimistisches Szenario 2030:
- OpenAI erobert 20% Marktanteil von Google, Meta und Amazon (extrem optimistisch)
- Jahresumsatz aus Werbung: 100 Milliarden Dollar
Problem: Google, Meta und Amazon haben Jahrzehnte Vorsprung, etablierte Werbenetzwerke und Milliarden Nutzerdaten. 20% Marktanteil zu erobern, erscheint unrealistisch.
Gesamtrechnung 2030: Maximaler Umsatz
Alle Einnahmequellen zusammen (sehr optimistisch):
- Abos: 60 Milliarden
- APIs: 60 Milliarden
- Werbung: 100 Milliarden
- Gesamtumsatz: 220 Milliarden Dollar pro Jahr
Das klingt nach viel Geld. Aber jetzt kommt das Problem.
Die Infrastruktur-Falle: Wer trägt welches Risiko?
OpenAI baut seine Rechenzentren nicht selbst, sondern mietet Rechenleistung von Partnern. Diese Partner investieren bis 2032 über 1 Billion Dollar in Infrastruktur – finanziert durch Kredite von Banken, Pensionskassen und Staatsfonds.
Was kostet es, 220 Milliarden Umsatz zu machen?
Laufende Kosten bei OpenAI (2030):
- Rechenleistung, Server, Strom (ca. 70% des Umsatzes): 154 Milliarden Dollar
- Personal, Büros, Marketing, Forschung (ca. 30% des Umsatzes): 66 Milliarden Dollar
- Gesamt: 220 Milliarden Dollar
Ergebnis: OpenAI macht 2030 null Gewinn – gerade mal Break-even.
Das eigentliche Problem: Die Infrastruktur-Partner brauchen Geld
OpenAI zahlt 154 Milliarden Dollar pro Jahr an seine Infrastruktur-Partner (Oracle, CoreWeave, Microsoft, etc.). Aber diese Partner haben unterschiedliche Risikoprofile:
Die sicheren Partner: Microsoft & Google
Warum sie abgesichert sind:
- Haben riesige, diversifizierte Cloud-Geschäfte (Azure hat hunderte andere Großkunden)
- Können die Rechenzentren auch für andere Kunden nutzen
- Die AI-Infrastruktur ist nur ein Teil ihrer bestehenden Cloud-Strategie
- Selbst wenn OpenAI scheitert oder weniger zahlt, nutzen sie die Hardware anderweitig
Für Microsoft und Google ist OpenAI ein Kunde unter vielen – kein existenzielles Risiko.
Die gefährdeten Partner: Oracle, SoftBank, CoreWeave
Warum sie hochriskant sind:
Oracle:
- Baut Rechenzentren speziell für OpenAI (300 Milliarden Dollar bis 2032)
- Hat keine breite Cloud-Kundenbasis wie Microsoft/Google
- Nur 14% Bruttomarge im Cloud-Geschäft – extrem dünne Polster
- Finanziert durch Bankkredite, die zurückgezahlt werden müssen
CoreWeave:
- Fast ausschließlich auf AI-Infrastruktur spezialisiert
- Keine Diversifikation wie Microsoft/Google
- Finanziert durch Private-Equity-Investoren
- Abhängig von OpenAI und wenigen anderen AI-Kunden
SoftBank/Stargate:
- 500 Milliarden Dollar Investition speziell für OpenAI
- Keine alternative Nutzung geplant
- Finanziert durch Staatsfonds (Katar, UAE, Saudi-Arabien)
Das rollende Refinanzierungs-Problem am Beispiel Oracle
Um zu verstehen, warum das System nicht funktionieren kann, schauen wir uns Oracle genauer an. Oracle investiert 300 Milliarden Dollar über die Jahre 2025-2032 – das sind etwa 42 Milliarden Dollar pro Jahr.
Gleichzeitig nehmen wir an, dass OpenAI etwa ein Drittel seiner Infrastrukturkosten (COGS = 70% des Umsatzes) bei Oracle ausgibt.
Die Zeitlinie: Wie sich die Lücke aufbaut
2025 – Jahr 1:
- Oracle investiert: 42 Mrd.
- OpenAI Umsatz: ~13 Mrd. → COGS: 9 Mrd. → Oracle bekommt: 3 Mrd.
- Fehlbetrag: 39 Mrd.
2026 – Jahr 2:
- Oracle investiert: 42 Mrd.
- OpenAI Umsatz: ~20 Mrd. → COGS: 14 Mrd. → Oracle bekommt: 5 Mrd.
- Fehlbetrag: 37 Mrd.
2027 – Jahr 3:
- Oracle investiert: 42 Mrd.
- OpenAI Umsatz: ~40 Mrd. → COGS: 28 Mrd. → Oracle bekommt: 9 Mrd.
- Fehlbetrag: 33 Mrd.
2028 – Jahr 4:
- Oracle investiert: 42 Mrd.
- OpenAI Umsatz: ~80 Mrd. → COGS: 56 Mrd. → Oracle bekommt: 19 Mrd.
- Fehlbetrag: 23 Mrd.
2029 – Jahr 5:
- Oracle investiert: 42 Mrd.
- OpenAI Umsatz: ~150 Mrd. → COGS: 105 Mrd. → Oracle bekommt: 35 Mrd.
- Fehlbetrag: 7 Mrd.
2030 – Jahr 6:
- Oracle investiert: 42 Mrd.
- OpenAI Umsatz: 220 Mrd. → COGS: 154 Mrd. → Oracle bekommt: 51 Mrd.
- Überschuss: 9 Mrd. ✓
Das sieht auf den ersten Blick gut aus – aber:
Kumulative Bilanz bis 2030:
- Oracle hat investiert: 252 Milliarden Dollar
- OpenAI hat bezahlt: ~122 Milliarden Dollar
- Fehlbetrag: 130 Milliarden Dollar
Diese 130 Milliarden Lücke musste Oracle durch Kredite finanzieren. Und jetzt kommt das eigentliche Problem:
2030: Die ersten Kredite werden fällig
Bankkredite haben typischerweise eine Laufzeit von 5 Jahren. Das bedeutet:
- Die 42 Milliarden von 2025 werden 2030 fällig
- Die 42 Milliarden von 2026 werden 2031 fällig
- Die 42 Milliarden von 2027 werden 2032 fällig
2030 verdient Oracle erstmals mehr von OpenAI (51 Mrd.) als es investiert (42 Mrd.).
Aber gleichzeitig muss Oracle die 42 Milliarden von 2025 zurückzahlen.
Rechnung 2030:
- Einnahmen von OpenAI: 51 Mrd.
- Neue Investitionen: 42 Mrd.
- Übrig für Schuldenrückzahlung: 9 Mrd.
- Fällig: 42 Mrd. (Kredit von 2025)
- Lücke: 33 Mrd.
Die Schuldenspirale
2031:
- Oracle verdient vielleicht 55 Mrd. von OpenAI
- Muss aber 42 Mrd. von 2026 zurückzahlen
- Plus weitere Investitionen
- Wieder eine Lücke
2032:
- Muss 42 Mrd. von 2027 zurückzahlen
- Und: Die Hardware von 2025 ist jetzt 7 Jahre alt – muss ersetzt werden (Nvidia empfiehlt 3-5 Jahre)
- Neue Investitionen von 42+ Mrd. nötig
Das Kernproblem:
Oracle muss gleichzeitig:
- Alte Schulden zurückzahlen (ab 2030)
- Neue Hardware kaufen (ab 2030, weil alte veraltet)
- Aber hat erst ab 2030 überhaupt einen kleinen Überschuss
Die kumulative Lücke von 130 Milliarden bis 2030 kann nicht geschlossen werden.
Das gleiche Problem bei allen spezialisierten Partnern
Diese Rechnung gilt nicht nur für Oracle, sondern auch für:
- CoreWeave (fast nur AI-Infrastruktur)
- SoftBank/Stargate (500 Mrd. Investition speziell für OpenAI)
- Nebius (17,4 Mrd. Deal mit Microsoft, aber ähnliche Struktur)
Alle haben dasselbe Problem:
- Investieren auf Kredit
- OpenAI wächst langsamer als geplant in die Kapazität hinein
- Schulden werden ab 2030 fällig
- Gleichzeitig muss Hardware ersetzt werden
Nur Microsoft und Google sind sicher, weil sie die Infrastruktur für viele andere Kunden nutzen können.
Wann könnte es kollabieren?
Kritische Momente:
2028-2029: Wenn klar wird, dass OpenAI die Erwartungen nicht erfüllt
- Banken werden nervös
- Neue Kredite werden teurer oder schwieriger zu bekommen
- Die Fehlbeträge häufen sich schneller an
2030-2031: Wenn erste große Rückzahlungen fällig werden
- Oracle, CoreWeave können die 42+ Mrd. pro Jahr nicht zurückzahlen
- Müssen entweder neue Kredite aufnehmen (Schuldenspirale) oder Rechenzentren verkaufen
- Banken schreiben erste Verluste ab
Fazit: Eine Rechnung mit Ablaufdatum
Das Problem ist einfach:
- Partner bauen Infrastruktur auf Kredit (300+ Mrd.)
- OpenAI zahlt zu langsam zu wenig (~122 Mrd. bis 2030)
- Schulden werden ab 2030 fällig
- Die Lücke von 130+ Mrd. kann nicht geschlossen werden
Die Frage ist nicht OB, sondern WANN:
- Wann sagen Banken: „Keine neuen Kredite mehr"?
- Wann müssen Oracle, CoreWeave, SoftBank zugeben: „Wir können nicht zahlen"?
- Wann kollabiert das System?
Und vor allem: Wer zahlt dann die Rechnung?
Die Antwort: Banken, Pensionskassen, Staatsfonds – also letztlich normale Sparer, Rentner und Steuerzahler.