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App-Integration in KI-Assistenten: der nächste Umbruch ist gekommen

Von |2025-10-13T14:12:41+00:0013.10.2025|

Ein grundlegender Wechsel beim Online-Nutzerverhalten zeichnet sich ab: der Übergang zur konversationellen Benutzeroberfläche durch das Zusammenspiel von KI-Chatbots und Apps. Das könnte die Regeln von Sichtbarkeit und Markenwahrnehmung völlig neu definieren.

Anstatt durch verschiedene Apps zu navigieren, formulieren Nutzer ihre Absichten auf der KI-Plattform ihrer Wahl in natürlicher Sprache. Kontextbewusste KI-Agenten können komplexe, mehrstufige Anfragen verstehen und ausführen, indem sie direkt auf die Funktionalitäten verschiedener Apps und Dienste zugreifen.

Die Integration von Apps in zentrale KI-Assistenten wie ChatGPT markiert den Beginn eines neuen Paradigmas, das die Grundfesten des etablierten App-Modells, der App-Stores und der digitalen Markenpräsenz in Frage stellt. Der primäre Interaktionspunkt verlagert sich vom einzelnen App-Icon hin zu einem zentralen, intelligenten Concierge, der die dahinterliegenden Dienste orchestriert. Man spricht hier auch von Conversational User Interfaces oder CUIs.

Im Kern des Wandels steht die Reduktion von Komplexität. Das klassische GUI-Modell verlangt vom Nutzer, die spezifische Logik und Struktur jeder einzelnen App zu erlernen – wo sich welches Menü befindet und welcher Button welche Funktion auslöst. Eine CUI eliminiert diese Notwendigkeit, indem sie die universellste menschliche Schnittstelle nutzt: die Sprache. Die Integration von Apps in diese CUI geht noch einen Schritt weiter: Sie befreit den Nutzer sogar von der Notwendigkeit, die Existenz einer spezifischen App zu kennen oder diese auszuwählen. Die kognitive Last verlagert sich von der Navigation („Wo finde ich die Funktion?") zur reinen Artikulation („Was will ich erreichen?"). Damit wird die Funktionalität einer App von ihrer visuellen Präsenz entkoppelt – eine Entwicklung mit weitreichenden Folgen für Design, Marketing und Nutzerbindung.

Strategien der Tech-Giganten

Die großen Tech-Unternehmen haben erkannt, dass es bei der KI-Integration um die Kontrolle über das nächste große digitale Ökosystem geht. Ihre Strategien zur Integration von Apps in KI-Assistenten sind unterschiedlich und spiegeln ihre jeweiligen Marktpositionen und Unternehmensphilosophien wider.

OpenAI: ChatGPT als offenes App-Ökosystem

OpenAI positioniert ChatGPT mit der jetzt möglichen App-Integration als eine plattformunabhängige, universelle Ebene, die über den bestehenden Betriebssystemen von Apple, Google und Microsoft liegt. Das Ziel ist es, ChatGPT zum primären Einstiegspunkt für jede digitale Aufgabe zu machen, unabhängig vom genutzten Gerät. Entwickler erhalten über das Apps SDK und das offene Model Context Protocol (MCP) die Möglichkeit, interaktive Tools direkt in den Konversationsverlauf einzubetten.

Praktische Beispiele demonstrieren bereits das Potenzial dieses Ansatzes: Ein Nutzer kann Spotify anweisen, eine Playlist zu erstellen, mit Canva ein Design entwerfen oder mit Expedia eine Reise buchen – alles, ohne die ChatGPT-Oberfläche zu verlassen. OpenAI plant zudem, Entwicklern die Möglichkeit zu geben, ihre Apps zur Prüfung einzureichen und zu monetarisieren, was auf die Schaffung eines neuen, KI-zentrierten Marktplatzes hindeutet, der in direkter Konkurrenz zu den etablierten App-Stores stehen könnte.

ChatGPT: Integration von Canva

Apple Intelligence und das neue Siri

Apple verfolgt eine andere Strategie. Statt eine neue, offene Plattform zu schaffen, wird KI genutzt, um das bestehende, hochprofitable iOS- und macOS-Ökosystem zu vertiefen und zu verteidigen. Der Fokus liegt konsequent auf Datenschutz, On-Device-Verarbeitung und der nahtlosen Integration von Hard- und Software.

Die technische Umsetzung erfolgt über die Frameworks „App Intents" und „App Entities". App Intents ermöglichen es dem runderneuerten Siri, konkrete Aktionen innerhalb von Drittanbieter-Apps auszuführen (z. B. „Zeige mir alle Wanderwege im Umkreis von 5 km in der AllTrails-App"). App Entities erlauben es Siri, Inhalte und Daten aus Apps zu verstehen und systemweit kontextbezogen zu nutzen.

Die Verarbeitung dieser Anfragen findet, wann immer möglich, direkt auf dem Gerät statt, um maximale Privatsphäre zu gewährleisten. Nur für besonders komplexe Anfragen wird auf die Cloud und eine Partnerschaft mit ChatGPT zurückgegriffen, wobei der Nutzer explizit zustimmen muss. Dieser Ansatz hat jedoch seinen Preis: Wichtige Funktionen wie das kontextuelle Verständnis des Bildschirminhalts („on-screen awareness") und eine noch tiefere App-Steuerung werden erst mit Updates in den Jahren 2025 und 2026 erwartet. Zudem ist die volle Funktionalität auf die neuesten iPhone- und Mac-Modelle beschränkt.

Präsentation von Apple Siri
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Microsoft Copilot und Google Gemini

Sowohl Microsoft als auch Google setzen KI primär strategisch ein, um den „Lock-in"-Effekt ihrer jeweiligen Produktivitäts-Ökosysteme – Microsoft 365 und Google Workspace – zu verstärken. Das Ziel ist nicht die Schaffung einer universellen Plattform, sondern die Steigerung des Werts der bestehenden Software-Suiten, um Nutzer noch fester an das eigene Unternehmen zu binden.

Microsoft Copilot wird als „Sidekick" oder „Co-Worker" positioniert. Er ist tief in die M365-Anwendungen wie Word, Excel und Teams integriert und kann auf den gesamten Unternehmensdatenkontext (E-Mails, Dokumente, Kalender) über den Microsoft Graph zugreifen. Das ermöglicht app-übergreifende Aufgaben wie die automatische Erstellung einer PowerPoint-Präsentation aus einem Word-Dokument. Zunehmend öffnet sich Copilot auch für die Integration von Drittanbieter-Diensten wie Gmail und Google Calendar, um seine Reichweite als zentraler Produktivitäts-Hub auszubauen.

Google Gemini hingegen ist ein Assistent, der nativ in den cloud-basierten Workspace-Apps wie Docs, Sheets und Gmail positioniert ist. Seine Stärken liegen in der Echtzeit-Kollaboration, der kreativen Ideenfindung und der Organisation von Inhalten. Gemini ist tief in das Google-Ökosystem integriert und profitiert von dessen Kernkompetenzen in der Suche und Datenanalyse.

Die unterschiedlichen Ansätze lassen sich am besten in einer direkten Gegenüberstellung verdeutlichen.

Kriterium OpenAI (ChatGPT) Apple (Apple Intelligence) Microsoft (Copilot) Google (Gemini)
Kernphilosophie Offene, plattformagnostische Intelligenz-Schicht Vertiefung des geschlossenen Ökosystems („Walled Garden") KI als integrierter „Co-Worker" im Produktivitäts-Workflow KI als Assistent in einem Cloud-nativen Ökosystem
Integrationsansatz App-Integration innerhalb des Chats über offenes SDK Tiefe Systemintegration über „App Intents" & „App Entities" Tiefe Integration in M365-Apps, Zugriff auf Microsoft Graph Native Integration in Workspace-Apps (Docs, Gmail, etc.)
Primäre Zielgruppe Endnutzer, Entwickler auf einer neuen Plattform Bestehende Apple-Nutzer, Fokus auf Premium-Segment Geschäftskunden, Enterprise-Nutzer Geschäftskunden, kollaborative Teams
Datenschutz-Ansatz Cloud-basiert; Opt-out für Trainingsdatennutzung möglich „Privacy-first" mit starkem Fokus auf On-Device-Verarbeitung Enterprise-grade-Sicherheit; Daten bleiben im Tenant des Kunden Enterprise-Sicherheit innerhalb von Google Workspace
Entwickler-Framework Apps SDK, Model Context Protocol SiriKit, App Intents, App Entities Copilot Studio, Power Automate Gemini API, Integration in Workspace Add-ons
Stärken Plattformunabhängigkeit, First-Mover-Vorteil, Flexibilität Datenschutz, nahtlose Hard-/Software-Integration, Nutzervertrauen Starke Position im Enterprise-Markt, Zugriff auf Unternehmensdaten Stärke in Suche, Cloud-Kollaboration, Datenanalyse
Schwächen Datenschutzbedenken, geringere Systemintegration Plattformabhängigkeit (Apple-only), verzögerte Feature-Rollouts Starke Bindung an das Microsoft-Ökosystem Starke Bindung an das Google-Ökosystem

Tabelle 1: Übersicht der verschiedenen KI-Integrationsstrategien

Der eigentliche Kampf wird nicht um das beste Sprachmodell geführt, sondern um die Kontrolle der „Intent-Orchestrierungs-Schicht". Wer die Absichten der Nutzer interpretiert und an die entsprechenden Dienste weiterleitet, kontrolliert den Zugang zum digitalen Markt.

Derzeit sind noch die App-Stores von Apple und Google die primären „Gatekeeper". Im neuen Paradigma jedoch interagiert der Nutzer primär mit dem KI-Assistenten, nicht mehr direkt mit der App. Der Assistent entscheidet, welcher Dienst – welche App-API – zur Erfüllung einer Nutzerabsicht am besten geeignet ist. Folglich verlagert sich die Macht vom Betreiber des App-Stores zum Betreiber des KI-Assistenten. Apple, Google und Microsoft versuchen, diese neue Gatekeeper-Rolle innerhalb ihrer bestehenden Ökosysteme zu zementieren, während OpenAI versucht, ein neues, unabhängiges Monopol auf dieser Ebene zu errichten.

Potenziale und Chancen des neuen Paradigmas

Die Verlagerung hin zu einem absichtszentrierten, konversationellen Modell birgt erhebliche Chancen für Nutzer, Unternehmen und die Gesellschaft als Ganzes. Der wahre Wert liegt dabei nicht nur in der Beantwortung von Fragen, sondern in der proaktiven Ausführung von Aktionen.

Für Nutzer: Vereinfachung und Hyper-Personalisierung

Für Endanwender verspricht das neue Paradigma eine deutliche Vereinfachung des digitalen Alltags. Komplexe Aufgaben, die heute die Nutzung mehrerer Apps erfordern, wie die Planung einer Reise von der Flugbuchung über das Hotel bis hin zur Erstellung eines Reiseplans können durch einen einzigen, in natürlicher Sprache formulierten Befehl erledigt werden. Der Assistent agiert als persönlicher „Concierge", der die Details im Hintergrund koordiniert.

Der Zugriff auf den persönlichen Kontext (Kalender, E-Mails, Standort) und eine „Memory"-Funktion, die sich Präferenzen merkt, schafft die Basis für eine Hyper-Personalisierung, die weit über das hinausgeht, was einzelne Apps heute leisten können. Der Assistent kann proaktiv agieren, beispielsweise an eine anstehende Aufgabe erinnern und gleichzeitig vorschlagen, die dafür benötigten Dokumente zu öffnen. Nicht zuletzt senkt die sprachbasierte Steuerung die Hürden für Menschen mit motorischen oder visuellen Einschränkungen und verbessert so die digitale Barrierefreiheit.

Für Unternehmen und Wirtschaft: Effizienz und neue Geschäftsmodelle

Unternehmen können von erheblichen Effizienzsteigerungen profitieren. Routineaufgaben im Kundenservice können durch intelligente Chatbots automatisiert werden, die 24/7 verfügbar sind. Im Marketing lassen sich personalisierte Kampagnen erstellen, und im Projektmanagement können wiederkehrende Aufgaben automatisiert werden, was wertvolle Personalressourcen für strategische Tätigkeiten freisetzt. Unternehmen, die ihre Dienste über KI-Assistenten zugänglich machen, können neue Kundensegmente erschließen und die Kundenzufriedenheit durch sofortige, kontextbezogene Antworten erhöhen.

Diese Potenziale verdeutlichen einen entscheidenden Wandel: Der Assistent entwickelt sich von einem informierenden zu einem agierenden Werkzeug, einem Agenten. Die erste Generation von Assistenten wie das frühe Siri oder Alexa war primär reaktiv und informationsbasiert („Wie ist das Wetter?"). Die neue Generation kann durch die tiefe App-Integration komplexe, mehrstufige Aktionen ausführen („Finde die Fotos von gestern Abend, verbessere die Belichtung und schicke die besten drei an Mama per WhatsApp"). Damit verschiebt sich der Wert von reiner Datenverarbeitung hin zur Automatisierung persönlicher und beruflicher Prozesse. Der Assistent wird zum persönlichen Betriebssystem des Nutzers.

Herausforderungen, Risiken und ungelöste Probleme

Der Übergang zu einem von KI-Agenten dominierten Ökosystem birgt erhebliche technische, ethische und gesellschaftliche Risiken. Das größte ungelöste Problem ist die Governance: Es wird eine neue, extrem mächtige Infrastrukturschicht des Internets geschaffen, ohne dass adäquate rechtliche, ethische und technische Kontrollmechanismen existieren.

Technische und ethische Hürden

Ein zentrales Problem von LLMs sind Halluzinationen – die Generierung faktisch falscher oder vollständig erfundener Informationen. Wenn ein Assistent auf Basis solcher Fehlinformationen Aktionen ausführt, etwa ein Hotel am falschen Ort bucht, können reale negative Konsequenzen entstehen.

Ein weiteres Risiko ist der algorithmische Bias. Weil KI-Modelle mit riesigen Datenmengen aus dem Internet trainiert werden, können sie existierende gesellschaftliche Vorurteile erlernen und reproduzieren, was zu diskriminierenden Ergebnissen bei Empfehlungen oder Entscheidungen führen kann. Hinzu kommt der sogenannte „Blackbox-Effekt": Aufgrund der Komplexität der neuronalen Netze ist es oft unmöglich nachzuvollziehen, warum eine KI eine bestimmte Entscheidung getroffen hat. Das erschwert die Fehleranalyse und die Zuweisung von Verantwortung.

Datenschutz und Sicherheit im Zeitalter zentralisierter Datenströme

Die Konzentration von Daten und Funktionen in einem zentralen Assistenten schafft einen „Single Point of Failure" und ein extrem attraktives Ziel für Cyberangriffe. Ein erfolgreicher Angriff könnte Angreifern Zugriff auf sensible Informationen aus unzähligen verknüpften Diensten gewähren. Die massenhafte Sammlung und Verarbeitung personenbezogener Daten für den Betrieb und das Training dieser Modelle wirft zudem erhebliche Fragen hinsichtlich der Konformität mit der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) auf. Es ist unklar, wer datenschutzrechtlich verantwortlich ist, wenn ein Assistent Daten aus App A nutzt, um eine Aktion in App B auszuführen. Selbst wenn Plattformen wie Apple versprechen, Daten zu anonymisieren, bleibt das Risiko der Re-Identifizierung von Personen durch die intelligente Kombination von Kontextinformationen aus verschiedenen Quellen bestehen.

Monopolbildung und die neue „Gatekeeper"-Macht

Die Kontrolle über den zentralen KI-Assistenten verleiht den Tech-Giganten eine noch nie dagewesene Macht. Sie können den Zugang zu Informationen und Diensten steuern, eigene Angebote bevorzugen und den Wettbewerb behindern. App-Anbieter geraten in eine existenzielle Abhängigkeit davon, von den Algorithmen der Assistenten „ausgewählt" und den Nutzern vorgeschlagen zu werden. Dies schafft ein enormes Potenzial für Missbrauch und zementiert die Marktmacht der Plattformbetreiber weiter.

Der ökologische Fußabdruck der KI

Nicht zu vernachlässigen ist der ökologische Preis dieser Technologie. Das Training und der Betrieb großer KI-Modelle erfordern immense Mengen an Energie und Wasser für die Kühlung der Rechenzentren, was im Widerspruch zu globalen Nachhaltigkeitszielen steht.

Diese Risiken sind systemischer Natur und nicht durch einzelne technische Anpassungen zu lösen. Sie erfordern eine breite gesellschaftliche Debatte und die Entwicklung neuer regulatorischer Rahmenbedingungen, die der Machtkonzentration und den systemischen Auswirkungen dieser neuen Technologie gerecht werden.

Die Zukunft der Apps

Die zentrale Frage, die sich aus diesem Paradigmenwechsel ergibt, lautet: Brauchen wir zukünftig überhaupt noch Apps? Die Zukunft ist hybrid und wird von einer Koexistenz zweier Modelle geprägt sein: einerseits einer „unsichtbaren" Ebene von Diensten, die von KI-Agenten orchestriert werden, und andererseits einer Ebene von „sichtbaren", dedizierten Apps für spezialisierte Aufgaben.

Konzepte wie das von der Deutschen Telekom vorgestellte KI-Telefon zeichnen eine Zukunft, in der ein KI-Concierge die Notwendigkeit nimmt, einzelne Apps zu öffnen und zu bedienen. Die Interaktion verlagert sich von der Auswahl einer App zur Formulierung eines Ziels. Für viele alltägliche, transaktionale Aufgaben – eine Pizza bestellen, ein Taxi rufen, eine Überweisung tätigen – ist das aktuelle App-Modell tatsächlich umständlich und reif für eine Ablösung durch einen intelligenten Agenten, der diese Prozesse im Hintergrund abwickelt.

Gleichzeitig gibt es zahlreiche Anwendungsfälle, bei denen ein rein konversationeller Ansatz an seine Grenzen stößt. Dedizierte Apps mit reichhaltigen grafischen Benutzeroberflächen werden weiterhin unverzichtbar sein für:

  • Hochkomplexe, kreative oder professionelle Aufgaben: Professionelle Bild- und Videobearbeitung, komplexes Projektmanagement, Softwareentwicklung oder die Analyse wissenschaftlicher Daten erfordern eine präzise visuelle Kontrolle, die eine CUI nicht bieten kann.
  • Immersive Erlebnisse: Gaming, Augmented-Reality- und Virtual-Reality-Anwendungen sind per Definition visuell und interaktiv und lassen sich nicht auf einen Sprachbefehl reduzieren.
  • Entdeckung und „Lean-Back"-Konsum: Das ziellose Stöbern in einem sozialen Feed, das Entdecken neuer Produkte in einem Online-Shop oder das Blättern in einem digitalen Magazin sind Erlebnisse, die nicht auf einer gezielten Anfrage basieren.
  • Spezialisierte Nischenanwendungen: Hochspezialisierte Werkzeuge für Branchen wie Finanzen, Medizin oder Ingenieurwesen werden weiterhin als eigenständige, leistungsfähige Anwendungen existieren.

Der App Store der Zukunft

Die Rolle der App-Stores wird sich wandeln. Anstatt monolithischer Anwendungen könnten Entwickler in Zukunft einzelne „Fähigkeiten" (Skills), „Agenten" oder „Intents" anbieten, die der zentrale Assistent bei Bedarf abrufen und kombinieren kann.  OpenAIs GPT Store ist ein früher Prototyp dieses Konzepts, bei dem Nutzer spezialisierte GPTs für bestimmte Aufgaben finden können. Die Entdeckung von Diensten wird nicht mehr durch kuratierte Listen oder die manuelle Suche erfolgen, sondern KI-gesteuert und basierend auf den individuellen, kontextuellen Bedürfnissen des Nutzers. Die App als Container wird somit aufgebrochen: Teile ihrer Funktionalität werden zu API-basierten „Fähigkeiten" für den Assistenten, während der Kern der App für intensive Nutzung als GUI-Anwendung bestehen bleibt.

Mögliche Zukunft für App-Anbieter

Für App-Anbieter bedeutet dieser Wandel eine notwendige Neuausrichtung ihrer Strategien, Produkte und Geschäftsmodelle. Sie befinden sich in einer neuen Dynamik der „Coopetition" (Cooperation + Competition) mit den Plattformbetreibern.

Die wichtigste Schnittstelle einer App wird in Zukunft nicht mehr ihre grafische Benutzeroberfläche sein, sondern ihre Programmierschnittstelle (API). Der KI-Assistent wird zum primären Nutzer. Entwickler müssen ihre Dienste so strukturieren, dass sie von Maschinen leicht verstanden, aufgerufen und ausgeführt werden können. Das erfordert eine exzellente, standardisierte Dokumentation und die Adaption plattformspezifischer Frameworks wie Apples App Intents oder des MCP.

Traditionelle Monetarisierungsmodelle wie In-App-Werbung, die auf visueller Präsenz basieren, geraten unter Druck, wenn die UI in den Hintergrund tritt. Es entstehen neue Modelle wie Pay-per-Use (Abrechnung pro API-Aufruf), die Lizenzierung von KI-Fähigkeiten an die Plattformbetreiber oder spezialisierte B2B-Dienste, die über die Assistenten angeboten werden. Der entscheidende Erfolgsfaktor wird sein, einen einzigartigen, nicht-generischen Mehrwert zu bieten, den die KI nicht selbst replizieren kann – sei es durch exklusive Daten, einen einzigartigen Algorithmus oder eine etablierte reale Infrastruktur (z.B. ein Logistiknetzwerk).

Die Herausforderung der Markensichtbarkeit und Nutzerbindung

Die größte strategische Herausforderung liegt im drohenden Verlust der Markensichtbarkeit und des direkten Kundenkontakts. Wenn der KI-Assistent den Dienstleister auswählt, wird die App-Marke für den Nutzer unsichtbar und zu einer austauschbaren „Commodity". Um dem entgegenzuwirken, müssen Anbieter neue Strategien entwickeln:

  1. Aufbau einer starken Marke: Eine Marke, die so stark ist, dass Nutzer explizit nach ihr fragen („Buche mir einen Flug mit Lufthansa„).
  2. Exzellenz im Service: Einen so überlegenen, schnellen oder günstigen Dienst anbieten, dass der Algorithmus des Assistenten ihn bevorzugt.
  3. Fokus auf die Nische: Eine tiefe Nutzerbindung in der verbleibenden, dedizierten App für Spezialanwendungen schaffen.

App-Anbieter müssen also eng mit den KI-Plattformen kooperieren, um über deren Assistenten überhaupt erreichbar zu sein. Gleichzeitig konkurrieren sie mit den plattformeigenen Diensten und den Angeboten anderer Anbieter um die Aufmerksamkeit des Assistenten-Algorithmus. Erfolg hängt somit nicht mehr nur von der Qualität des eigenen Produkts ab, sondern auch von der Fähigkeit, die Logik des vermittelnden KI-Algorithmus zu verstehen und zu optimieren. Das begründet eine neue Disziplin, die man als „Agent Optimization" bezeichnen könnte – das Pendant zur heutigen Suchmaschinenoptimierung (SEO) auf einer weitaus komplexeren, transaktionalen Ebene.

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Über den Autor:

Christian Kunz ist ein bekannter Experte für SEO, Suchmaschinen und die Optimierung für LLMs. Er war außerdem Koordinator für die IT eines Unternehmensbereichs in einem deutschen Internet-Konzern sowie IT-Projektmanager. LinkedIn-Profil von Christian: Christian Kunz
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