Stellen Sie sich vor, Sie könnten alle möglichen Lösungen eines Problems gleichzeitig durchprobieren. Was nach Science-Fiction klingt, ist das Versprechen der Quantencomputer. Doch um zu verstehen, wie diese revolutionären Maschinen funktionieren, müssen wir zunächst einen Blick auf unsere alltäglichen Computer werfen.
So funktionieren klassische Computer

Die Grundlage jedes Computers ist das Bit – kurz für Binary Digit. Ein Bit ist wie ein Lichtschalter: Es kann nur zwei Zustände annehmen – 0 oder 1, aus oder an. Mit mehreren Bits hintereinander können wir jede beliebige Information darstellen. Bei zwei Bits haben wir schon vier Möglichkeiten: 00, 01, 10 und 11. Mit jedem weiteren Bit verdoppelt sich die Anzahl der möglichen Zustände. So können wir mit nur sieben Bits bereits unser gesamtes Alphabet darstellen.
Wichtig dabei: Ein klassischer Computer kann mit 8 Bits zwar 256 verschiedene Zahlen darstellen (von 0 bis 255), aber immer nur eine einzige davon zu einem bestimmten Zeitpunkt. Wie eine Telefonnummer auf einem Display – es steht immer nur eine Nummer da, auch wenn das Display theoretisch Millionen verschiedener Nummern anzeigen könnte.
Aber wie rechnet ein Computer mit diesen Nullen und Einsen? Hier kommen die sogenannten Logikgatter ins Spiel. Diese funktionieren wie intelligente Weichen, die Bit-Informationen miteinander verknüpfen.

Ein UND-Gatter hat zwei Eingänge und einen Ausgang. Nur wenn beide Eingänge eine 1 zeigen, gibt es auch eine 1 aus. Ein ODER-Gatter hingegen gibt bereits eine 1 aus, wenn mindestens einer der Eingänge eine 1 zeigt. Durch geschickte Kombination solcher Gatter entsteht ein Prozessor, der komplexe Berechnungen durchführen kann.
Die physikalische Realität
In der realen Welt werden diese Bits durch Transistoren aus Halbleitern wie Silizium realisiert. Diese winzigen Schalter lassen Strom fließen, wenn eine Spannung anliegt (1), oder blockieren ihn (0).

Wenn wir also 4 + 4 rechnen, wandelt der Computer diese Zahlen in Nullen und Einsen um, lässt Strom durch Millionen von Transistoren fließen oder nicht, verknüpft diese durch Logikgatter und präsentiert uns am Ende das Ergebnis 8.
Ihr Wartungsspezialist im DataCenter
Der Quantensprung: Wie Quantencomputer funktionieren
Bei Quantencomputern ist alles anders. Statt mit Bits arbeiten sie mit Quantenbits, kurz Qubits. Und hier wird es faszinierend: Ein Qubit kann nicht nur 0 oder 1 sein, sondern beides gleichzeitig – und alles dazwischen.

Stellen Sie sich eine geworfene Münze vor. Während sie in der Luft rotiert, ist sie weder Kopf noch Zahl – sie ist beides gleichzeitig. Erst wenn sie landet und wir hinschauen, zeigt sie ein eindeutiges Ergebnis. Diesen Zustand nennen Physiker Superposition oder Überlagerung.
Der entscheidende Unterschied: Bei einer klassischen Münze könnten wir theoretisch vorhersagen, wie sie landet, wenn wir alle Faktoren kennen würden. In der Quantenwelt ist das Ergebnis bis zur Messung wirklich unbestimmt – echter Zufall.
Das Geheimnis der Verschränkung
Quantencomputer haben noch einen weiteren Trick auf Lager: die Verschränkung. Stellen Sie sich vor, Sie könnten zwei Münzen so miteinander verbinden, dass sie immer das gleiche Ergebnis zeigen – egal wie weit sie voneinander entfernt sind.

Wenn wir zwei Qubits verschränken und dann eines messen, wissen wir sofort, welchen Zustand das andere hat. Diese spukhafte Fernwirkung ermöglicht es, Qubits miteinander zu verknüpfen und komplexe Berechnungen durchzuführen.
Die Macht der Gleichzeitigkeit
Jetzt kommt der revolutionäre Unterschied zwischen klassischen Bits und Qubits:
Klassische Bits: 8 Bits können 256 verschiedene Zahlen darstellen (0 bis 255), aber immer nur eine einzige gleichzeitig. Es ist wie ein Parkplatz mit 256 Stellplätzen – Ihr Auto kann nur auf einem Platz stehen.
Qubits in Superposition: 8 Qubits können alle 256 Zustände gleichzeitig einnehmen! Es ist, als würde Ihr Auto auf allen 256 Parkplätzen gleichzeitig stehen.

Warum wächst die Anzahl der Zustände so schnell?
- 1 Qubit = 2 Zustände gleichzeitig (0 und 1)
- 2 Qubits = 4 Zustände gleichzeitig (00, 01, 10, 11)
- 3 Qubits = 8 Zustände gleichzeitig
- 8 Qubits = 2⁸ = 256 Zustände gleichzeitig
Mit jedem zusätzlichen Qubit verdoppelt sich die Anzahl der gleichzeitig verarbeitbaren Zustände. Bei 300 Qubits sind es bereits 2³⁰⁰ Zustände – eine Zahl mit 90 Nullen, mehr als es Atome im beobachtbaren Universum gibt!
Diese parallele Verarbeitung aller Möglichkeiten ist der Grund, warum Quantencomputer bestimmte Probleme exponentiell schneller lösen können als klassische Computer.
Das Handelsreisenden-Problem
Ein klassisches Beispiel zeigt die Stärke von Quantencomputern: Ein Handelsreisender muss elf Städte besuchen und sucht die kürzeste Route. Es gibt keine clevere Formel – man muss alle Möglichkeiten durchprobieren.

Bei 11 Städten gibt es bereits 1.814.400 mögliche Routen. Ein klassischer Computer muss jede Route einzeln durchrechnen. Ein Quantencomputer hingegen kann alle Routen gleichzeitig in seinem Qubit-Register speichern und parallel verarbeiten.
Bei 13 Städten sind es schon fast 240 Millionen Routen! Solche Optimierungsprobleme bringen klassische Computer schnell an ihre Grenzen. Sie finden sich überall: beim Design von Computerchips, in der Materialforschung oder bei Klimasimulationen.
Wie Quantencomputer rechnen
Ein Quantencomputer kann alle möglichen Routen gleichzeitig in seinem Qubit-Register speichern. Die kürzeste Route ist bereits darin enthalten – aber auch alle falschen. Wie finden wir die richtige?

Die Werkzeuge: Quantengatter
Genau wie klassische Computer Logikgatter nutzen, arbeiten Quantencomputer mit Quantengattern. Diese sind die Werkzeuge, mit denen wir Qubits gezielt manipulieren können:
- Das Hadamard-Gatter versetzt ein Qubit in Superposition – es verwandelt einen eindeutigen Zustand (0 oder 1) in eine gleichmäßige Überlagerung beider Zustände. Es ist sozusagen der Münzwerfer.
- Das CNOT-Gatter verschränkt zwei Qubits miteinander – der Zustand des einen Qubits beeinflusst dann den des anderen.
Der Schlüssel: Gezielte Manipulation
Entscheidend ist: Wir können die Wahrscheinlichkeiten in den Qubits durch die richtige Abfolge von Quantengattern gezielt verändern. Stellen Sie sich vor, Sie könnten die rotierende Münze während des Fluges beeinflussen – sie ein bisschen mehr Richtung Kopf oder Zahl lenken.
Jedes Gatter dreht oder spiegelt den Quantenzustand auf eine bestimmte Weise. Durch geschickte Kombination vieler solcher Operationen – den Quantenalgorithmus – können wir die Wahrscheinlichkeiten so verschieben, dass am Ende die richtige Lösung mit hoher Wahrscheinlichkeit gemessen wird.
Die Wellen-Magie
Das funktioniert, weil sich die Wahrscheinlichkeiten in Qubits wie Wellen verhalten – eine Konsequenz des Welle-Teilchen-Dualismus der Quantenmechanik.

Wie bei Wasserwellen im Schwimmbad: Wenn zwei Wellenberge aufeinandertreffen, verstärken sie sich. Treffen Wellenberg und Wellental aufeinander, löschen sie sich aus. Ein gut designter Quantenalgorithmus nutzt diesen Effekt: Die Wahrscheinlichkeitswellen für falsche Lösungen werden so gelenkt, dass sie sich gegenseitig auslöschen, während sich die Wellen für die richtige Lösung verstärken.
Ein anschauliches Beispiel
Stellen Sie sich vor, Sie suchen die perfekte Farbe für Ihre Frühlingsgarderobe. Sie bitten zehn Personen, an eine beliebige Farbe zu denken – das sind Ihre Qubits in Superposition. Jede Person hat alle möglichen Farben gleichzeitig im Kopf.
Nun geben Sie Schritt für Schritt Anweisungen:
- „Wenn eure Farbe düster ist, macht sie heller!" – Ein Quantengatter verschiebt die Wahrscheinlichkeiten
- „Überlegt, ob die Farbe zum Frühling passt!" – Ein weiteres Gatter
- „Wenn die Farbe zu grell ist, dämpft sie etwas!" – Noch ein Gatter
Nach mehreren solchen Schritten haben Sie die Wahrscheinlichkeiten so gelenkt, dass frühlingshafte Farben wahrscheinlicher werden. Wenn Sie nun fragen, nennen alle Türkis oder zartes Lila. Die Abfolge Ihrer Anweisungen war der Quantenalgorithmus, der aus allen möglichen Farben die passenden herausgefiltert hat.
Die physikalische Umsetzung
Es gibt verschiedene Ansätze, Qubits physikalisch zu realisieren. Die beiden wichtigsten sind gefangene Ionen und supraleitende Schaltkreise.
Ionenfallen – Quantencomputer mit gefangenen Atomen
Bei der Ionenfalle arbeitet man mit einzelnen Atomen, denen ein Elektron entrissen wurde. Diese positiv geladenen Ionen lassen sich mit elektrischen Feldern einfangen – wie in einer unsichtbaren Schüssel aus elektrischen Kräften. Die Ionen ordnen sich durch ihre gegenseitige Abstoßung automatisch in einer Perlenkette an, wobei jedes Ion ein Qubit darstellt.

Die Zustände 0 und 1 werden durch zwei verschiedene Energieniveaus im Ion dargestellt. Mit präzise abgestimmten Laserpulsen können wir ein Ion von einem Zustand in den anderen überführen oder in Superposition versetzen. Die Verschränkung zwischen Ionen erfolgt über ihre gemeinsamen Schwingungen in der Falle – die Ionen können kollektiv schwingen wie Perlen auf einer gespannten Schnur.
Der große Vorteil: Ionenfallen erreichen die höchsten Genauigkeiten aller Quantencomputer-Technologien (über 99,9% pro Gatter) und die Qubits können ihre Quanteneigenschaften minutenlang behalten. Der Nachteil: Die Operationen sind relativ langsam (Mikrosekunden pro Gatter) und es ist schwierig, das System auf viele Qubits zu erweitern.
Supraleitende Quantencomputer
Google und IBM setzen auf supraleitende Stromkreise. Hier repräsentiert die Stromrichtung – links oder rechts herum – die Zustände 0 und 1. In Superposition fließt der Strom tatsächlich in beide Richtungen gleichzeitig!
Die Steuerung dieser Qubits erfolgt durch präzise Mikrowellenpulse. Warum Mikrowellen? Die Energiedifferenz zwischen den Zuständen 0 und 1 liegt genau im Mikrowellenbereich (typischerweise 4-8 Gigahertz). Jedes Qubit hat seine eigene charakteristische Frequenz, wie eine Stimmgabel.

Um ein Quantengatter auszuführen, senden spezielle Geräte maßgeschneiderte Mikrowellenpulse an die Qubits. Ein kurzer Puls mit der richtigen Frequenz kann ein Qubit von 0 nach 1 flippen oder in Superposition versetzen. Längere, komplexere Pulssequenzen können zwei Qubits miteinander verschränken. Diese Pulse müssen extrem präzise sein – ihre Dauer wird in Nanosekunden gemessen, und selbst kleinste Abweichungen können zu Fehlern führen.
Das Ganze funktioniert nur bei Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt (etwa -273°C), damit die Supraleitung erhalten bleibt und thermische Störungen minimiert werden.
Der aktuelle Stand – Eine detaillierte Bestandsaufnahme
Die Pionierphase (1990-2010)
Die praktische Quantencomputer-Entwicklung begann in den 1990ern mit ersten experimentellen Systemen. 1998 demonstrierten IBM-Forscher einen 2-Qubit-Computer, der Berechnungen mit Kernspinresonanz durchführte.
Der Shor-Algorithmus – Ein Wendepunkt der Informatik
Bereits 1994, noch bevor es echte Quantencomputer gab, entwickelte der Mathematiker Peter Shor einen revolutionären Algorithmus. Dieser löst ein fundamentales Problem der Mathematik: die Faktorisierung großer Zahlen in ihre Primfaktoren.
Was macht ihn so besonders? Während die Zahl 15 sich leicht in 3 × 5 zerlegen lässt, würde ein klassischer Computer bei einer 300-stelligen Zahl länger brauchen als das Universum alt ist. Der Shor-Algorithmus nutzt die Quantenüberlagerung, um viele Berechnungen gleichzeitig durchzuführen, und verwendet Quanteninterferenz, damit sich falsche Antworten auslöschen und nur die richtige übrig bleibt.
Die weltbewegende Bedeutung: Fast alle heutigen Verschlüsselungssysteme – vom Online-Banking über E-Mail bis zu WhatsApp – basieren auf der Schwierigkeit, große Zahlen zu faktorisieren. Ein funktionierender Quantencomputer mit Shor-Algorithmus könnte diese Verschlüsselung theoretisch knacken. Diese Erkenntnis löste weltweit Investitionen in Quantencomputer und gleichzeitig in „quantensichere" Verschlüsselung aus.
2001 gelang dann ein symbolträchtiger Erfolg: Mit einem 7-Qubit-System wurde der Shor-Algorithmus erstmals implementiert und die Zahl 15 in ihre Primfaktoren zerlegt – bescheiden, aber ein Beweis, dass die Theorie funktioniert.
Der Durchbruch der Tech-Giganten (2010-2019)
Ab 2010 investierten große Technologieunternehmen massiv in die Quantenforschung. Der Shor-Algorithmus war ein wichtiger Motivator – die Aussicht, Verschlüsselungen zu knacken oder neue, sichere Systeme zu entwickeln, trieb die Entwicklung voran.
Google, IBM, Microsoft und Intel starteten ambitionierte Programme. 2016 stellte IBM den ersten Cloud-basierten Quantencomputer zur Verfügung – plötzlich konnten Forscher weltweit auf echte Quantenhardware zugreifen.
2017 verkündete IBM den Bau eines 50-Qubit-Systems, während Google seinen 72-Qubit „Bristlecone"-Chip vorstellte. Der Wettlauf um die „Quantum Supremacy" – den Punkt, an dem Quantencomputer klassische Computer bei bestimmten Aufgaben übertreffen – war in vollem Gange.
Der Meilenstein: Quantum Supremacy (2019)
Im Oktober 2019 verkündete Google einen historischen Durchbruch: Ihr 53-Qubit-Prozessor „Sycamore" löste in 200 Sekunden eine spezielle Zufallszahlen-Aufgabe, für die der damals schnellste Supercomputer Summit angeblich 10.000 Jahre gebraucht hätte.
IBM widersprach prompt: Mit optimierten klassischen Algorithmen könnte Summit die Aufgabe in 2,5 Tagen lösen. Diese Kontroverse zeigt ein wichtiges Problem: Die Definition von „Quantum Supremacy" ist umstritten, und die gewählte Aufgabe hatte keinen praktischen Nutzen – es war noch kein Shor-Algorithmus für große Zahlen.
Die NISQ-Ära (2020-heute)
Wir befinden uns in der „Noisy Intermediate-Scale Quantum" (NISQ) Ära. Diese Phase ist geprägt von fundamentalen technischen Herausforderungen, die überwunden werden müssen, bevor Quantencomputer ihr volles Potenzial entfalten können.
Die drei Hauptherausforderungen im Detail
1. Fehlerrate – Das fundamentale Problem
Heutige Quantengatter haben Fehlerraten von 0,1-1%, während für praktische Anwendungen wie den Shor-Algorithmus 0,0001% nötig wären. Warum ist das so problematisch?
Das Fehlerakkumulations-Problem: Stellen Sie sich vor, Sie müssten eine Million Rechenoperationen durchführen, aber jede hundertste geht schief. Bei klassischen Computern können wir Fehler durch Kopien und Vergleiche korrigieren. Bei Quantencomputern ist das unmöglich – das „No-Cloning-Theorem" der Quantenmechanik verbietet das Kopieren von Quantenzuständen. Jede Kopie wäre eine Beobachtung und würde das Qubit kollabieren lassen.
Fehlerquellen sind überall:
- Thermisches Rauschen aus der Umgebung stört die empfindlichen Quantenzustände
- Elektromagnetische Störungen von außen dringen ins System ein
- Selbst die Kontrollpulse sind nie perfekt präzise
- Benachbarte Qubits beeinflussen sich gegenseitig ungewollt (Crosstalk)
Lösungsansätze:
Die Quantenfehlerkorrektur verwendet hunderte physische Qubits, um ein einziges fehlertolerantes „logisches" Qubit zu bilden. Google demonstrierte 2023 erstmals, dass dies prinzipiell funktioniert. Andere Ansätze wie Microsofts topologische Qubits versprechen inhärent stabilere Systeme, sind aber noch nicht realisiert.
2. Kohärenzzeit – Der Wettlauf gegen die Zeit
Qubits verlieren ihre Quanteneigenschaften nach nur 50-100 Mikrosekunden. Das klingt kurz, aber warum ist das so kritisch?
Das Zeitfenster-Problem: Stellen Sie sich vor, Sie müssten ein komplexes Puzzle lösen, aber die Puzzleteile lösen sich nach 100 Mikrosekunden in Luft auf. Genau das passiert mit Quantenzuständen – sie „dekohärieren" und verlieren ihre Quanteneigenschaften durch Wechselwirkung mit der Umgebung.
Praktische Konsequenz: Bei 100 Mikrosekunden Kohärenzzeit und 100 Nanosekunden pro Gatteroperation können nur etwa 1000 Operationen durchgeführt werden. Für den Shor-Algorithmus bräuchte man aber Millionen!
Verbesserungsstrategien:
- Materialforscher entwickeln reinere Materialien mit weniger Störstellen
- Tiefere Temperaturen (Millikelvin-Bereich) reduzieren thermisches Rauschen
- Schnellere Gatter ermöglichen mehr Operationen im gleichen Zeitfenster
- „Dynamische Entkopplung" – spezielle Pulssequenzen, die Umgebungseinflüsse neutralisieren
3. Skalierung – Die Engineering-Herausforderung
Die größten Systeme haben etwa 1000 physische Qubits, aber für kryptographisch relevante Anwendungen des Shor-Algorithmus bräuchte man Millionen fehlerkorrigierter Qubits.
Das Komplexitätsproblem: Jedes zusätzliche Qubit braucht nicht nur seinen Platz, sondern auch:
- Individuelle Kontrollleitungen für präzise Steuerung
- Perfekte Isolation von anderen Qubits, außer wenn sie interagieren sollen
- Kalibrierung, die mit steigender Qubit-Zahl exponentiell komplexer wird
Physikalische Grenzen:
- Verdünnungskryostate (die Kühlsysteme) haben begrenzte Kapazität
- Jede Kontrollleitung bringt Wärme ins System – tödlich für Qubits
- Tausende Mikrowellenleitungen müssen verlustarm in den Kryostat geführt werden
Innovative Lösungsansätze:
- Modulare Architekturen: Viele kleine Quantenprozessoren werden vernetzt
- Kryogene Kontrollelektronik direkt im Kühlsystem reduziert Wärmeeintrag
- 3D-Architekturen nutzen den Raum besser als flache Chips
Aktuelle Systeme (Stand 2024)
Trotz dieser Herausforderungen macht die Entwicklung Fortschritte:
- IBM Condor: 1.121 supraleitende Qubits – ein Meilenstein der Skalierung
- Google Willow: Fokus auf Fehlerkorrektur statt reiner Qubit-Zahl
- IonQ: Nur 32 Qubits, aber mit deutlich höherer Qualität
- China's Zuchongzhi: 66 Qubits mit beeindruckender Kohärenzzeit
Stand des Shor-Algorithmus heute: Die größte bisher faktorisierte Zahl hatte nur wenige Stellen. Für die Faktorisierung einer 2048-bit RSA-Zahl (617 Stellen) bräuchte man etwa 20 Millionen physische Qubits und 8 Stunden fehlerfreie Rechenzeit – noch Science Fiction.
Verschiedene Technologieansätze
Die Industrie verfolgt parallel verschiedene Wege, diese Herausforderungen zu meistern:
- Supraleitende Qubits (Google, IBM): Schnelle Gatter, aber extreme Kühlung nötig
- Gefangene Ionen (IonQ, Honeywell): Längere Kohärenzzeiten, aber langsamere Operationen
- Topologische Qubits (Microsoft): Theoretisch fehlerresistenter, praktisch noch nicht existent
- Photonische Qubits (PsiQuantum): Raumtemperatur-Betrieb, aber schwierige Wechselwirkung
- Neutrale Atome (QuEra): Vielversprechend für große Qubit-Arrays
Praktische Anwendungen heute
Während der Shor-Algorithmus noch Zukunftsmusik ist, gibt es bereits erste praktische Anwendungen:
- Medikamentenforschung: Simulation kleiner Moleküle für neue Wirkstoffe
- Optimierung: Verbesserte Routenplanung spart Millionen in der Logistik
- Maschinelles Lernen: Quantum-inspirierte Algorithmen beschleunigen KI-Training
- Materialforschung: Design besserer Batterien und Katalysatoren
Der Weg zur Fehlertoleranz
Die Roadmaps der großen Player konvergieren um 2030:
- 2025-2027: Erste Demonstration von logischen Qubits mit praktischem Nutzen
- 2028-2030: Systeme mit ~100 fehlertoleranten Qubits
- 2030+: Skalierung auf tausende logische Qubits
Für den Shor-Algorithmus und andere transformative Anwendungen rechnen Experten mit weiteren 10-15 Jahren Entwicklungszeit.
Die Vorbereitung auf die Quanten-Zukunft
Die potenzielle Bedrohung durch den Shor-Algorithmus hat bereits heute Konsequenzen:
- Post-Quanten-Kryptographie: Neue mathematische Verfahren, die auch Quantencomputern widerstehen
- „Harvest now, decrypt later": Die Befürchtung, dass heute abgefangene Daten später entschlüsselt werden
- Migration beginnt: Erste Unternehmen und Behörden stellen auf quantensichere Verfahren um
Die globale Quantenlandschaft
Der Quantenwettlauf ist ein Rennen um technologische Vorherrschaft:
- USA: 1,2 Milliarden Dollar Regierungsinvestition plus massive Privatinvestitionen
- China: Über 15 Milliarden Dollar – Quantenkommunikation bereits im Einsatz
- EU: 1 Milliarde Euro Quantum Flagship – Fokus auf Grundlagenforschung
- Großbritannien: 1 Milliarde Pfund – Aufbau eines nationalen Quantennetzwerks
Die kommenden Jahre werden zeigen, ob die technischen Hürden der Fehlerrate, Kohärenzzeit und Skalierung überwunden werden können. Die Quantenrevolution hat begonnen, aber der Weg zur praktischen Anwendung ist noch lang und steinig.
Ihr Wartungsspezialist für alle großen Hardware Hersteller
Weitere Artikel
Meta stellt Catalina Pod AI-System für seine Rechenzentren vor – 120 kW pro Rack möglich
Meta hat eine spezielle Variante von Catalina Pods vorgestellt, die eine besonders hohe Leistungsdichte ermöglicht. Das System basiert auf der
Scope 3-Emissionen in der IT einsparen: Leitfaden für KMU
Auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU) müssen sich mit den von ihnen direkt oder indirekt verursachten Emissionen beschäftigen. Unternehmen,
Japans Rechenzentren: Verdreifachung des Energiebedarfs bis 2034 erwartet
Japan steht vor einem erheblichen Anstieg des Energiebedarfs, der hauptsächlich von Rechenzentren getrieben wird. Eine Analyse von Wood Mackenzie prognostiziert,